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Dienstag, 29. Dezember 2015

Dying Light



In diesem Jahr haben zwei polnische Computerspiele weltweite Anerkennung erreicht. Eines davon ist "Witcher 3", von CD Project, worüber ich in einem vorigen Post berichtet habe und welches inzwischen mindestens sechs Millionen mal verkauft wurde. Das andere Spiel ist  "Dying Light", von Techland, das mindestens fünf Millionen mal verkauft wurde .

"Dying Light" ist im Gegensatz zu den zwei anderen Spielen, worüber ich schon geschrieben habe,  "Witcher 3" und "This War of Mine" , ein Spiel, das nicht einmal versucht, originell zu sein. Wie ein anderes erfolgreiches Produkt von Techland, "Dead Island", spielt es in einer post-apokalyptischen, Zombie-verseuchten Welt - ein sehr abgedroschenes Thema.  Wenigstens in diesem Fall hat sich die Epidemie nicht in die ganze Welt ausgebreitet, sondern ausschließlich in der erfundenen Stadt von Harram, die sich stark an Istanbul anlehnt. Die Stadt befindet sich im Spiel in einer Quarantäne.

Der Spielhauptprotagonist, Crane, ist ein US-Agent, der nach Harram geschickt wurde, um das Ausbreiten der Infektion in die ganze Welt zu verhindern. Während des Spiels lernen wir aber, dass das eigentliche Ziel seiner Agentur der Entwurf einer biologischen Waffe auf Basis der Infektion ist. Tatsächlich plant die Agentur in Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium, die Stadt Harram flächendeckend zu bombardieren. Crane erfüllt während des Spiels viele Aufgaben, indem er gegen Zombie und plündernde Banden kämpft. andere Überlebenden rettet und die Ärzte in der Stadt unterstützt, die immer noch ein Mittel gegen die Krankheit suchen. Gleichzeitig führt er ohne Hinterfragen die Befehle seiner Agentur aus, obwohl er später typischerweise gegen sie rebelliert und alles Mögliche unternimmt, um die Stadt und ihre Überlebenden vor der Katastrophe zu retten.

Dieses mal auch habe ich dieses Spiel persönlich nicht gespielt, sondern mir nur einige "Let's play" Videos auf Youtube angeschaut. Zum Glück gibt es für dies Spiel eine lokalisierte Version auf Polnisch. Das ist nicht selbstverständlich, weil es für ein anderes Spiel von Techland, Gunslinger, nur eine englische Version gibt.

Es steht außer Zweifel, dass das Produkt sich auf dem letzten Stand der Technik befindet. Die Graphik ist hervorragend und die Spielbarkeit makellos. Andererseits ist das nicht ein Computerspiel-Genre, das mich anspricht. Dem Spieler wird keine Freiheit gelassen, weil die Geschichte sehr linear ist. Zum Beispiel kann man Crane nicht daran hindern, einige Arzneimittel zu vernichten, was zum Tod einiger Überlebenden führt. So etwas würde ich wahrscheinlich nicht tun, und daher ist es für mich unmöglich, mich in den Hauptheld hineinzufühlen. Wenigstens ermöglichen die Spiele der Serie "Witcher" eine Auswahl zwischen verschiedenen Wegen. Andererseits ist eine lineare Geschichte typisch in diesem Genre. Persönlich bevorzuge ich Sandbox-Spiele, die sich in einer offenen Welt abspielen und totale Freiheit geben.

"Dying Light" ist nämlich ein Spiel für diejenigen, die gerne um sich herumschießen und Gebäude, Brücken und Strommaste hinaufklettern. Es ist ein Spielmodus, welcher durch Spiele wie "Assassin's Creed", "Far Cry" und "Uncharted" berühmt wurde. Anscheinend lehnt sich "Dying Light" aber vorwiegend ans Spiel "The Last of Us" an, das von verschiedenen Quellen als Spiel des Jahres 2014 gekürt wurde.  Es ist daher nicht überraschend, das Techland ein ähnliches Spiel produziert hat.


Freitag, 25. Dezember 2015

Lesen auf Polnisch



Weil ich sehr gerne in den Büchern kritzele, kaufe ich Computerbücher normalerweise, anstatt sie aus der Bibliothek auszuleihen. Das ist auch der Grund, warum mich Bücher in elektronischem Format nicht begeistern. Auf diese Weise kann man aber schnell ein Vermögen in Büchern ausgeben.

Inzwischen ist es für mich kein Problem, Computerbücher auf Polnisch zu lesen. Das hat den Vorteil, dass solche Bücher wesentlich billiger sind. Zum Beispiel, wenn ich Angular.JS lernen möchte, könnte ich dazu Bücher auf Polnisch kaufen, entweder eines von einem Polnischen Author oder ein anderes aus dem Englischen übersetzt, die beide weniger als 10 Euros kosten. Wenn ich aber mehr über das gleiche Thema in Deutschland erfahren wollte, würde ich das gleiche Buch auf Englisch oder ein anderes von einem Deutschen Author finden, und in beiden Fällen würde ich mehr also 30 Euro ausgeben müssen.

Ich lese gerade ein Buch über Mikroservices, bei dem das Gleiche gilt. Das Buch auf Polnisch kostet ungefähr 10 Euro, andererseits kostet das Buch im Original, das ich in Deutschland kaufen könnte, ungefähr 40 Euro. Einen solchen Preisunterschied gibt es auch, zum Beispiel, bie dem Buch "Clean Code", das in Deutschland ungefähr viermal kostet als das Buch in Polnisch, das man in Polen kaufen kann. Wenn man Computerbücher kaufen muss und auf Polnisch lesen kann, ist das gut zu wissen. Als ich in Deutschland wohnte, gab ich tatsächlich ein Vermögen in Büchern aus. Von Italien wollen wir gar nicht erst sprechen, dort sind Computerbücher sogar noch teurer.

Lustigerweise sind die in polnisch übersetzten Computerbücher in Polen billiger als die gleichen Bücher in der Originalverfassung auf English. Polen, die kein Englisch lesen können, sind im Vergleich mit vielen ihrer Kollegen im Westeuropa im Vorteil. Sie haben oft keine Auswahl, weil sie ungefähr das Dreifache ausgeben würden, wenn sie unbedingt das Original lesen wollten. Ich nehme an, dass Übersetzungen ins Polnische nicht viel kosten. Das muss die einzige Möglichkeit sein, Bücher in den Markt einzuführen, die ansonsten niemand kaufen würde. Selbstverständlich haben Bücher in polnisch dann keinen Marktwert außerhalb Polens. Außerdem gibt es viele polnische Autoren, die für den heimischen Markt schreiben.

Der Preisunterschied ist nicht so atemberaubend, wenn es um normale Bücher geht. Ein Buch in deutscher Verfassung kostet typischerweise fünf Euro mehr als das gleiche Buch in Polnisch.
Bücher polnischer Autoren, in gebundener Ausgabe, kosten standardmäßig ungefähr vier-sechs Euro. Vergleichbare Bücher in Deutschland oder Italien würden einige Euros mehr kosten.

Wenn ich die jährliche Buchmesse in Kraków besuche, kaufe ich eine Menge Bücher ein, sodass ich für das ganze Jahr etwas zu lesen habe. Außerdem gibt es dort einen Rabatt. Kaum zu glauben, aber die Polen jammern, dass Bücher teuer sind...



Mittwoch, 9. Dezember 2015

C1-Prüfung der polnischen Sprache




Diese Woche habe ich die C1-Prüfung der polnische Sprache von ECL (European Consortium for... Languages) in Warschau abgelegt. Letztes Jahr hatte ich die B2 Staatsprüfung geschafft. Polnische Staatsprüfungen sind schwieriger, weil sie im Unterschied zu den ECL-Prüfungen auch einen  Grammatik-Teil enthalten.

Ich hatte nicht das Gefühl, dass der C1-Test schwieriger als derjenige der vorherigen Stufe war, abgesehen von einer einzigen Ausnahme: dem schriftliche Teil. Als ich die B2-Prüfung machte, musste ich einen Aufsatz mit 300 Wörtern schreiben, während man für die C1-Prüfung zwei Aufsätze mit jeweils 300 Wörtern, also 600 Wörter insgesamt, in der gleichen Zeit (anderthalb Stunden) verfassen muss. Deswegen konzentrierte ich mich vor der Prüfung auf den Schreibteil, indem ich alle Artikel aus diesem Blog in ein Heft abschrieb. Als ich zur Prüfung kam, hatte ich schon viel Schreibpraxis.

Da ich zuerst dachte, dass ich die C2-Staatsprüng abgeben würde (es gibt keine C1-Staatsprüfung), lernte ich viel Grammatik. Die meisten Probleme, die ich in dieser Sprache habe, haben mit ihrer lexikalischen Komplexität zu tun. Seit einiger Zeit schreibe ich in einem Heft alle Wörter, deren Konjugation und Deklination mir Schwierigkeiten bereiten. Es ist in der Tat allgemein bekannt, dass man am Besten ein Wort auswendig lernt, wenn man verschiedene Sätze schreibt, die dieses Wort in den verschiedenen Formen enthalten. Ich setze eine Mischung von alten und neuen Technologien ein : ein Heft und eine Excel-Datei, in der ich die Seitennummer mitführe, wo ich die Sätze aufgeschrieben habe, die das jeweilige Wort enthalten. Wenn man etwas in Kursiv schreibt, kann man sich besser daran erinnern, und es funktioniert besser als modernere Werkzeuge wie Supermemo.

Ich bin chronisch mit meinen Polnischkenntnissen unzufrieden (wie übrigens bei jeder anderen Sprache). Sprachen sind eine ungenaue Wissenschaft und wenn man in einer fremden Sprache schreibt oder spricht, kann man eine hohe Fehlerrate tolerieren, die beim Ingenieurwesen nicht denkbar wäre. Ich kenne die genauen Zahlen nicht, ich glaube aber, dass auf der B2-Stufe die Unkenntnis- bzw. die Unrichtigkeitsrate einer Sprache gegen 10 % tendiert, auf der C1-Stufe läuft sie gegen 5 %, und auf der C2-Stufe bewegt sie sich gegen 2 %. Das Kenntnisniveu eines ziemlich gut ausgebildeten Muttersprachlers ist wahrscheinlich vergleichbar mit der C2-Stufe, weil der Unterschied eher in den Geschwindigkeit und in den Reflexen liegt. Ich weiß genau, dass ich die meisten Fehler im Gespräch mache, weil ich schneller spreche, als ich sollte.

Wenn man eine Fremdsprache lernt, wird es zunehmend schwieriger seine Fehlerrate zu senken, je weiter man kommt. Typisch braucht man 2000 Wörter, um 90% einer Sprache abzudecken - genau das sind nämlich die Erfordernisse der B2-Stufe. Wahrscheinlich braucht man 6000 Wörter um 95 % (C1) und 15000 Wörter um 98 % (C2) einer Sprache abzudecken. Selbstverständlich setzt das voraus, dass man die entsprechenden Wörter konjugieren und deklinieren kann.

Vorausgesetzt, dass mein Kenntnisgrad der polnischen Sprache C1 ist ( warten wir mal auf das Prüfungsergebnis), würde ich viel weitere Stunden lernen müssen, um die C2-Stufe zu erreichen. Es ist unverschämt, dass man 6000 Wörter braucht, um von Null zur C1-Stufe zu kommen, und dass dann möglicherweise noch weitere 9000 Wörter notwendig sind, um nachfolgend C2 zu erreichen. Lohnt es sich überhaupt? Ich glaube nicht, dass ich ausreichend Motivation habe, um meinen Kenntnisgrad der polnischen Sprache zu einem solchen hohen Niveau zu bringen. C1 ist eine sehr hohe Stufe und es gibt nicht viele Ausländer, die so weit kommen. Die C2-Prüfungen der deutschen und englischen Sprache habe ich aber schon abgelegt.


Sonntag, 1. November 2015

Sexmission



Nicht willkommen
Unter den polnischen Komödien halten die meisten Polen "Seksmisja" für die lustigste. Wer sich diesen Film noch nicht angeschaut hat und die Handlung nicht im Voraus erfahren möchte, der sollte nicht weiterlesen.

Seksmisja ist sehr lustig - für Polen. Die Handlung spielt sich in einer Zukunft ab, in der die Erdoberfläche unbewohnbar geworden ist (guter Anfang für eine Komödie) und die Überlebenden unter der Erde leben. In dieser schönen neuen Welt leben nur Frauen. Die Fortpflanzung der Spezies ist inzwischen künstlich und wird von der Regierung völlig kontrolliert.  Es wird sichergestellt, dass keine Männer geboren werden. Männer waren nämlich für Kriege und für alles Schlimmes in dieser Welt verantwortlich. In der Tat glauben die Frauen in dieser Zukunft, dass alle große Wissenschaftler Frauen waren und dass früher Frauen systematisch von Männern gefoltert wurden.

Es werden aber zwei hybernierte Männer geweckt, um ihr Verhalten zu erforschen. Zuerst glauben die zwei Männer, in einem Paradies aufgewacht zu sein, dann wird es ihnen aber schnell klar, dass sie sich in einer Hölle auf Erden befinden. In einem Schauprozess werden die zwei Männer zur Kastration verurteilt. Die Frauen aus der Zukunft wollen kein Risiko laufen, dass die Ordnung gestört wird.

Eine der Frauen, die in Kontakt mit den zwei Männern gekommen war, will aber mehr erfahren. Nachdem sie mit ihnen und mit einer der ältesten Frauen gesprochen hat, entscheidet sie sich dafür, sie bei der Flucht zu helfen. Das Trio flieht auf die Erdoberfläche in Strahlenschutzanzügen, und die einzige Wächterin, die einen Strahlenschutzanzug finden konnte, folgt ihnen.

Auf die Erdoberfläche gekommen stellen die vier aber fest, dass die Erde inzwischen bewohnbar ist und die ganze Zeit an der Nase herumgeführt wurden. Sie finden eine luxuriöse Wohnung, die von der Führerin aller Frauen bewohnt wird. Als sie zurückkommt, greifen sie sie an, und finden heraus, dass sie eigentlich ein als Frau verkleideter Mann ist. Es ist ein Mann, der diese Welt von Frauen führt. Er möchte nicht ein Status Quo ändern, in dem er der einzige Mann in einer Welt von Frauen ist, beziehungsweise ist er zu feige, um das zu versuchen, wie er selber sagt. Die zwei Männer aus der Vergangenheit sind aber einer anderen Meinung.  Zusammen mit ihren neuen Freundinnen machen sie sich in der Wohnung breit und schmieden sie einen Plan, um die Männer in die Welt zurückzubringen...

Die Handlung dieses Films ist auf jeden Fall interessant. Eine häufige Interpretation ist es, dass die Männer die Kapitalisten ( die für eine unvollendete und ungerechte Welt stehen) und die Frauen die Kommunisten ( die das Paradies auf Erde schaffen wollen, das sich aber schnell zu einer Hölle verwandelt) darstellen. Das ist keine selbstverständliche Auslegung und mit ihr sind nicht alle Polen einverstanden. Der Film wurde nämlich zur Zeit des Sozialismus gedreht und musste durch die Zensur.

Ich glaube nicht, dass dieser Film den meisten "westlichen" Zuschauern gefallen wird. Ich habe keine Ahnung, warum er lustig sein sollte. In der einzigen Szene, die ich halbwegs lustig fand, finden die zwei Männer heraus, dass das Passwort zur Erdoberfläche "Kurwa Mac" war, dessen Bedeutung keine der Frauen verstand. Am schlimmsten ist es, dass die Schauspieler und vor allem die Schauspielerinnen sich zu "polnisch" verhalten, und für ein "internationales" Publikum  wahrscheinlich zu langweilig auftreten. Ich fand diesen Film einigermassen lustig erst nachdem ich einige Zeit in Polen verbracht hatte.

Übrigens, wenn man jemanden davon überzeugen möchte, dass der polnische Humour sehr schwarz ist, braucht man nur zu erzählen, dass die beliebteste polnische Kömodie sich in einer postapokalyptischen Welt abspielt, in der Männer regelmäßig kastriert werden.

Montag, 12. Oktober 2015

Neue Gebäude in Krakau

Kraków Arena
Polen hat den Ruf,  die europäische Entwicklungshilfe sehr gut auszunutzen, anders als zum Beispiel Süditalien. Das ist in Krakau klar zu erkennen, einer Stadt, die sehr schnell wächst.
Viele internationalen Firmen, die hier eine Niederlassung öffnen, mieten Räume in einem der vielen neuen Bürozentren, die von der Europäischen Union finanziert worden sind. Das ist auch der Fall für die vielen Gebäuden, die von Comarch erbaut worden sind.

Das neue Flughafenterminal ist gerade eingeweiht worden, und gerade diese Woche hatte ich die Möglichkeit, es zu besichtigen. Die neue Kraków Arena ist nicht weit von meiner Wohnung entfernt. Sportereignisse (wie zum Beispiel die Volleyball-Weltmeisterschaft des letzten Jahres) und Konzerte finden hier regelmäßig statt. Das Luftfahrtmuseum, wofür sich mein Vater während seines Besuchs in Krakau besonders begeisterte, ist auch nicht weit weg.

Viele der neuen Universitätsgebäude in Krakau sind auch von der Europäischen Union finanziert worden, wie zum Beispiel das Hauptgebäude der Fakultät für Informatik der AGH. Das gilt auch für viele Museen, wie zum Beispiel das Museum für moderne Kunst. Auf das neue Kongresszentrum ist die Stadt besonders stolz. Auch sind viele Gebäude renoviert worden, wie zum Beispiel das Collegius Maius und die Zentralbibliothek der Universität.

Die Europäische Union trug auch zu der Modernisierung von Krankenhäusern, Straßenbahnlinien, Straßen und Fahrradwegen bei. Die meisten von der Europäischen Union finanzierten Projekte sind aber IT-Projekte, wie zum Beispiel das neue Informationssystem der Gemeindeverwaltung.


Samstag, 3. Oktober 2015

Alte und neue Złoty


Eine Millione alter Złoty - damit könnte man ein Cappuccino kaufen
Man verwendet den Euro in Polen nicht, und wegen der letzten Ereignisse in Griechenland sind die Polen nicht gerade begeistert von der Idee, ihn in ihrem Land einzuführen. Das polnische Wirtschaftswunder würde möglicherweise ins Stocken geraten, wenn der Złoty-Kurs auf dem Währungsmarkt nicht frei schwanken dürfte. Andererseits behaupten viele heimische und internationale Firmen, dass sie mit einer gemeinsamen Währung ihre Abwicklungsverfahren vereinfachen könnten und Geld sparen würden. Es ist zugleich ein Vorteil und ein Nachteil, sich außerhalb der Euro-Zone zu befinden.

Auch erfüllt Polen die Budgetanforderungen noch gar nicht, die für einen Eintritt in die Eurozone erforderlich wären. Um ihnen gerecht zu werden, müsste das Land die Sozialausgaben dermaßen kürzen, dass das für einen großen Teil der Bevölkerung inakzeptabel wäre. Daher glaube ich, dass der Złoty noch eine Weile bleiben wird.

Der Złoty ist eine einigermaßen stabile Währung und wird zu einem Kurs von ca. vier Złoty je Euro getauscht. Das ist aber nicht immer so gewesen. Polen erlebte nämlich am Anfang der Neunziger Jahre eine dreistellige Inflation (die sogar 640% erreichte), wie übrigens auch viele andere osteuropäische Länder. Viele Menschen verloren ihre sämtlichen Ersparnisse. Eine solche Erfahrung kann man nur nachfühlen, wenn man sie selber einmal erlebt hat.

Dann gab es den Wechsel von den alten Złoty zu den neuen. Ein neuer Złoty wurde gegen 10.000 alte Złoty getauscht. Dann konnte es einem passieren, dass man in Polen um 30.000 Złoty gebeten wurde, wenn es in Wirklichkeit um drei Złoty ging. Es gab lauter Gauner, die beim Geldwechsel alte Złoty statt neue herausgaben. Übrigens rechnen viele Leute heute immer noch in ihren Köpfen mit alten Złoty.

Geld war in den Zeiten des Sozialismus nicht viel wert. Es ist ein Gerücht, dass die Preise damals niedriger waren. Es stimmt aber allerdings, dass man lange Schlange stehen musste und es in den Geschäften nicht viel zu kaufen gab.

Das ist der Grund, warum für Leute aus Osteuropa das Geld nicht den gleichen Wert hat wie für die Leute in den sogenannten westlichen Ländern. Für mich ist es immer selbstverständlich gewesen, dass man mit Geld alles - außer Liebe und Freundschaft - kaufen kann. Geld ist aber nur solange etwas wert, wie die Wirtschaft des Landes einigermaßen stabil ist. Wenn sie zusammenbricht, wie es in der Polnischen Volksrepublik passiert ist, ist eine galoppierende Inflation die wahrscheinliche Folge.

Es ist daher nicht überraschend, dass die meisten Polen die Häuser besitzen, in denen sie wohnen, weil sie mehr Vertrauen in Immobilieneigentum als in bedrucktes Papier haben. Es ist sogar üblich, dass man einen Kredit aufnimmt, um in den Urlaub fahren zu können. Es ist besser sein Geld heute auszugeben, wenn es noch etwas wert ist, als es auf der Bank zu lassen, mit dem Risiko, es alles bei der nächsten Krise zu verlieren. Am Ende sind die echten Gewinner während einer hohen Inflation nämlich diejenigen, die hohe Schulden haben.

Deshalb ist es besser hundert Freunde als hundert Rubbel zu haben. Ich habe schon geschrieben, dass Polen ihren Platz in einer Schlange niemals aufgeben würden. Andererseits ist es wahrscheinlicher, dass sie einem Fremden Geld anbieten, der gerade knapp bei Kasse ist. Schließlich ist dein Geld heute etwas wert, aber morgen könnte es nichts mehr wert sein. Deshalb könnte es besser sein jemandem zu helfen, der später den Gefallen erwidern könnte.


Mittwoch, 9. September 2015

Wir kommen nach Krakau, und du wirst unser Fremdenführer sein

Eine Übersicht des Kalvarienbergs Zebrzydowski 

Wir kommen nach Krakau, und du wirst unser Fremdenführer sein. Das wird kein Problem sein, dachte ich. Ich kenne Krakau, oder zumindest glaube ich, es zu kennen. Nachdem ich meine Eltern in einer Wohnung untergebracht hatte, nahm ich sie zu einem Spaziergang im Zentrum mit.

Zuerst machten wir eine Rundfahrt in einem Fahrradtaxi für Touristen. Dann führte ich meine Eltern im Zentrum zu Fuß herum, aber leider stellte sich heraus, dass ich die Stadt doch nicht so gut kenne.
Ich wusste nicht, wem das Denkmal auf dem Hauptplatz gewidmet ist, und warum es dort einen großen begehbaren Kopf gibt. Außerdem verwechselte ich das Florianskator mit dem Barbakan.
Wir stiegen zum Schloss Wawel hinauf, aber wir traten nicht ein, weil es zu viele Leute gab.

Dann führte ich sie zum Museum, das sich unter dem Hauptplatz befinden, und dann zum Turm des ehemaligen Rathauses hinauf. Beide Orte waren enttäuschend. Außerdem überraschte uns ein fast apokalyptisches Gewitter, daher waren wir nass, als wir nach Hause zurückkehrten. Wenigstens lief der Besuch im Kollegius Maius gut.

Am folgenden Wochenende besichtigten wir zwei Sanktuarien im südlichen Teil von Krakau, die dem ehemaligen Papst Johannes Paul II und der heiligen Faustina gewidmet sind. Ich wusste nicht einmal, dass sie existierte, und wer die heilige Faustina überhaupt war. Im Kloster gibt es einen Knochen, der angeblich Wunder wirken kann. Der Papst Wojtila hatte Faustina zur Heiligen erklärt, weil ein Amerikaner eine plötzliche Heilung erlebte, gerade nachdem er diesen Knochen geküsst hatte. Leider wollte aber keiner von uns die Reliquie küssen, deswegen werden wir wahrscheinlich kränklich bleiben. Wir stiegen den Glockenturm hinauf, von dem wir eine schöne Sicht auf die Stadt genießen konnten. Das Sanktuarium von Papst Johannes Paul II beeindruckte uns, aber leider war das Museum geschlossen, als wir dorthin kamen.

Am Tag danach stiegen wir den Hügel hinauf, der sich im westlichen Teil von Krakau befindet. Auch von dort hat man eine herrliche Sicht auf die Stadt. Leider war es sehr heiß und am Ende waren meine Eltern erschöpft. Wir gingen in ein Museum, das Kościuszki gewidmet ist, das aber nicht sehr interessant war. Am Abend aßen wir eine Zapiekanka am Platz Nova. Aber ich schaffte es nicht, eine zu bekommen, die mir schmeckte.

Am nächsten Wochenende fuhren wir zum Kalvarienberg Zebrzydowski. Der Besuch besteht in einem Aufstieg zu einem Hügel und dann in einer Wanderung zu den verschiedenen Kapellen. Der Rundgang erwies sich als zu anstrengend für meine Eltern. Außerdem hatten wir wenig Zeit, weil wir vor hatten, auch nach Wadowice zu fahren. Dort kann man das Haus besichtigen, in dem der Papst Wojtila aufgewachsen ist.  Zur Führung in der italienische Sprache kamen wir um 10 Minuten zu spät, daher gingen wir mit einer polnischen Gruppe zusammen - aber meine Eltern verstanden dabei kein Wort.

Für unserem letzten gemeinsamen Ausflug kauften wir Tageskarten für den Stadtverkehr in Krakau und fuhren wir mit Bus und Straßenbahn in der Stadt herum. Da es sich aber um einen Werktag handelte, waren die Fahrzeuge ziemlich voll und es wurde nicht zu einer umwerfenden Erfahrung.

Trotz einiger erlebten Unannehmlichkeiten sagten mir meine Eltern, dass sie eine Menge Spaß in Krakau gehabt hatten. Sie kauften viele Sachen in Geschäften und an Buden ein, und zu meiner Überraschung schmeckte ihnen das Essen. Sie waren auch in vielen Einkaufszentren. Mein Vater war mehrmals im Flugzeugmuseum.

Vielleicht liegt das an mir und ich ärgere mich zu leicht. Keiner ist als Meister oder als Fremdenführer geboren worden.  Man kann sich aber immer  noch verbessern. An diesem Sonntag bin ich wieder zum Kalvarienberg gefahren und habe den Rundgang dann wirklich gemacht. Zusätzlich bin ich den Hügel hinaufgestiegen. Insgesamt habe ich für alles fünf Stunden gebraucht. Länger, als ich erwartet hatte.

Mittwoch, 26. August 2015

Blitzer und Parkverbote

In Krakau heißt das .... gebührenpflichtiger Parkplatz!

Ich habe in einem vorherigen Post geschrieben, dass man in Polen auf die vielen Blitzer aufpassen sollte, wenn man im Land herumfährt. Ein gutes Navi wird vor den Blitzern warnen. Während meiner letzten Autofahrten in Polen  habe ich aber mein Mobilgerät mit Google Maps als Navigator eingesetzt. Leider enthält diese Software keine Daten über Blitzer, daher bekam ich zwei Strafen wegen zu hoher Geschwindigkeit.

Diesen Monat habe ich einen bedrohlichen Brief aus dem Straßensverkehrinspektorat bekommen, der mich darüber informierte, dass ich im April dieses Jahres die Höchstgeschwindigkeit in einem Stadtgebiet um 30 km/h überschritten hatte. Das wird mich 200 zloty (50 euro) und sechs Punkte im Verkehrssünderregister kosten. Der Maximalwert ist 24 Punkte, aber soweit ich weiß verfallen Punkte in Polen nach einem Jahr, wenn die Strafen bezahlt worden sind. Da ich einen deutschen Führerschein besitze, können, wie ich herausgefunden habe, die polnischen Behörden mir den Führerschein nicht wegnehmen, aber sie können mir das Fahren in Polen verbieten. Ich sollte mehr aufpassen.

Jedenfalls bin ich nicht der Einzige, der Verkehrsstrafen bekommen hat. Meine Eltern sind diesen Monat in Krakau und haben zwei Strafen wegen Parkverbot bekommen. In der Nachbarschaft, wo meine Eltern eine Unterkunft durch Airbnb gefunden haben, hat die Stadtverwaltung mehrere Parkuhren aufgestellt. Mein Vater wurde dadurch verwirrt, dass die gebührenpflichtigen Parkplätze mit weißen Streifen markiert sind und sich neben einem Straßenzeichen befinden, das ein "P" zeigt. In Italien würde das auf kostenfreies Parken hinweisen, aber in Polen heißt das gebührenpflichtig ! Sie dürfen ihr Auto vor der Wohnung parken, in der sie untergekommen sind, obwohl es dort ein Parkverbot-Straßenzeichen gibt! Davor waren sie von ihrer Hausbesitzerin gewarnt worden, an ihren Hinweis glaubte sie aber nicht und daher bekamen sie zwei Strafen, bis sie endlich verstanden, wie es hier funktionert....

In Polen scheint die Polizei immer plötzlich und magisch zu erscheinen, jedes mal wenn man sein Auto in einer Parkverbotszone geparkt hat. Einmal bekam ich auch eine Strafe, als ich mein Auto in einer gebührenpflichtigen Parkzone verlassen hatte und dabei vergessen hatte, ein Parkticket zu kaufen.

Mein Vater erwägte die Möglichkeit, die Strafen nicht zu bezahlen. Es ist nämlich bekannt, dass in Ausländer, die in Italien unterwegs sind, typischerweise ihre Strafen nicht bezahlen, selbst wenn sie ihnen nach Haus geschickt werden. Es gibt nämlich in Italien kein Zentralsystem für Verkehrsstrafen, daher werden Ausländer nicht einmal zur Kasse gebeten, wenn sie von Polizeistreifen aufgehalten werden. In Polen soll es aber anders laufen. Ich habe von ausländischen Autofahrern gehört, die von der Polizei aufgehalten wurden und ihre alten Verkehrsstrafen mit Zinsen bezahlen mussten, ansonsten wäre ihr Auto beschlagnahmt worden.

Schließlich bezahlte mein Vater (oder besser gesagt, ich) die Strafen, die sich auf die Gesamtsumme von 100 Zloty, das heißt 25 Euro, belief. Es hätte schlimmer sein können. Wenigstens mussten sie nicht den Schock erleben, dass ihr Auto von einer Parkkralle blockiert wurde, wie es mir passierte, als ich mein Auto in Tschechien in einer anderen Touristenfalle parkte. So etwas kann man in Krakau auch erleben, wenn man das Auto in der Altstadt parkt...

Samstag, 15. August 2015

Neuer Polnischer Kapitalismus

"Neuer Polnischer Kapitalismus" von Jane Hardy
1989 wechselte Polen vom Kommunismus zum Kapitalismus. Es ist im Allgemeinen bekannt, dass Polen eine Schocktherapie umsetzte, die Staatsunternehmen zerlegte, sie an Privatunternehmer verkaufte und das Land fremdem Kapital öffnete, ohne auf irgendeine Weise lokale Firmen zu schützen. Anders als zum Beispiel in Russland und Jugoslawien, war die Schocktherapie in Polen einigermaßen erfolgreich und das Land wurde zu einem kapitalistischen Mekka, dessen BNE ununterbrochen wächst. So wurde uns wenigstens gesagt.

Die Wirklichkeit ist aber komplizierter. Die Privatisierung von Staatsunternehmen war nicht ausführlich. Vierzehn der fünfzehn größten Gesellschaften in Polen gehören dem Staat. Sie sind in Branchen wie Öl (Orlen, PGNiG, Lotos), Bergbau (KGHM Polska Miedź), Versicherung (PZU), Finanz (PKO SA), Energie (PGE) und Logistik (PKP) tätig. Die Mehrheitsmeinung in Polen ist, dass Firmen aus strategischen Branchen in Staatsbesitz bleiben sollten, ansonsten könnten sie in den Besitz von ausländischem Kapital geraten oder von Oligarchen erworben werden, die keinen Mehrwert erzeugen würden, wie es häufig der Fall in Russland ist. Ob diese Firmen vom Staat gut verwaltet werden - da scheiden sich die Geister.

Die Privatisierung in Polen traf hautpsächlich die Fertigungsbranche, wie zum Beispiel die Auto- und Elektrogeräteindustrie. Die meisten Staatsunternehmen wurden an ausländische Investoren verkauft, die sie in mehrere Teile zerlegten. Dabei behielten sie die guten Teilen und lösten die schlechten auf.  Manchmal war das einzige Ziel eines Einkaufs die Erwerbung von Immobilien und Personal, damit die Firma Fuß in dem Land fassen konnte. Das Ergebnis dieses Prozesses war die Schaffung eines ziemlichen effizienten Fertigungssektors in Polen, der aber fast vollständig im Besitz von fremdem Kapital ist. Die polnischen Arbeiter zeigten sich produktiver als diejenigen anderer Länder in Osteuropa, teilweise weil Polen schon während der kommunistischen Ära Waren für den Export nach den westlichen Märkten herstellte.

Die Transformation verursachte aber hohe soziale Kosten. Der Staat gewährleistet nicht mehr, was früher selbstverständlich war ( Wohnung, Arbeit, Gesundheitsversorgung, Ausbildung, Kinderkrippen...). Die Arbeitslosigkeit ist nicht so hoch, nur weil viele Jugendliche von den offenen Grenzen Gebrauch gemacht haben und ausgewandert sind. Diejenigen, die in Polen geblieben sind,
müssen von Gehältern überleben, die sich im Bereich von 300 Euro bewegen, daher suchen sie oft einen zweiten Job. Es muss erwähnt werden, dass importierte Waren in Polen ebenso viel wie in der Eurozone kosten. Die Gewerkschaften sind stark in Staatsunternehmen, sind aber ziemlich ineffektiv in privaten Firmen, in denen eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft sogar zur Entlassung führen kann.

Das Gefühl ist aber verbreitet, dass es im Land unausweichlich aufwärts geht. Weil es den Polen nicht erlaubt wird, die Mängel an Waren und die Schlangen der Kommunistischen Ära zu vergessen, muss auf sie das Einkaufen in einem der vielen Einkaufszentren fast befreiend vorkommen, selbst wenn sie wenig Geld haben. Dank den Finanzierungen der Europäischen Union konnte eine bessere Infrastruktur gebaut werden, wie zum Beispiel Straßen, Flughäfen, Eisenbahnlinien, Aquädukte, Krankenhäuser und Universitätsgebäuder. Es gibt lokale Unternehmen, die einen ungleichen Kampf gegen multinationale Firme führen, die sogar Steuererleichterungen in Polen genießen. Weil die Polen sich aber immer noch am meisten vor den Russen und vor einer möglichen Rückkehr des Kommunismus fürchten, unterstützen sie nach wie vor den Weg zum Neoliberalismus.

Samstag, 25. Juli 2015

Eine neue Sprache lernen

Die Flagge Kroatiens, wie von einigen Polen gesehen wird...

Ich kann sieben Sprachen sprechen, abgesehen von Esperanto: Italienisch, Deutsch, English, Polnisch, Französisch, Russisch, Spanisch - in der Reihenfolge, wie gut ich sie beherrsche. So behaupte ich es wenigstens. In der Tat gibt es noch viel, was ich in jeder dieser Sprachen noch lernen könnte. Seit langem möchte ich trotzdem mit dem Lernen einer weiteren Sprache anfangen. Ich wusste aber nicht, welche.

Bevor ich ernsthaft mit dem Lernen einer Sprache beginne, muss ich davon überzeugt sein, dass mir das Land, in dem sie gesprochen wird, einigermaßen gefällt. Es sollte auch nicht so schwierig sein, interessantes Material in der jeweiligen Sprache finden zu können. Es ist wichtig, dass es Bücher, Comics, Lieder und Filme in meiner Zielsprache gibt, die mich ansprechen.

Wie ich schon mehrmals geschrieben habe, interessiere ich mich seit langem für die polnische Sprache. Am Anfang konnte ich kein interessantes Material auf Polnisch finden. Jetzt lese ich aber in dieser Sprache Comics und Bücher, höre Musik, schaue mir Filme und sogar Komplettlösungen von Computerspielen an. Daher habe ich in diesem Bereich keine Probleme mehr.

Rumänisch ist eine der Sprachen, die mich faszinieren. Ich habe aber Rumänien besichtigt und ich war nicht gerade begeistert. Unter anderem, Buchhandlungen und Bibliotheken in Rumänien sind durchwachsen. Außerdem geben Rumänen in der Europäischen Union am wenigsten für Kultur aus. Ich mag rumänische Musik, das reicht aber nicht aus. Daher beschloss ich, diese Sprache aus meiner Liste durchzustreichen. Es wäre allerdings nicht schwierig gewesen, sie zu lernen, weil sie der Gruppe der neulateinischen Sprachen gehört.

Ich wünschte, ich hätte eine gute Ausrede, um Ukrainisch zu lernen, denn diese Sprache gefällt mir sehr gut. Außerdem ist die Ukraine ein sehr großes Land, und ein Leben würde nicht ausreichen, um es vollständig zu erkunden. Das Land könnte ein großes Potenzial haben, insbesondere in meiner Branche, was die immer noch zu wenige dort angesiedelten erfolgreichen IT-Firmen teilweise beweisen. Es ist aber leider schwierig Geschäfte in Ukraine zu machen. Insbesonderes nach den letzten Ereignissen ist es unwahrscheinlich geworden, dass ich innerhalb meines Lebens die Ukraine in der Europäischen Union erleben werde.

Vor einigen Jahren habe ich Kiew besichtigt, und in diesem Jahr habe ich einen kurzen Ausflug nach Lemberg gemacht. Obwohl die russische Propaganda das Gegenteil behauptet, waren die meisten Konversationen, die ich in Lemberg gehört habe, auf Russisch und nicht auf Ukrainisch. Die meisten Filme im Fernsehen und die Musik, die man hört, sind auf Russisch. Auch die meisten Bücher in Buchhandlungen sind auf Russisch. In Ukraine ist die Arbeitssprache in vielen Branchen, einschließlich die IT-Branche, immer noch Russisch. Trotz meiner Vorliebe für die ukrainische Sprache, könnte ich es mir selber nicht rechtfertigen, wenn ich viel Zeit in das Lernen einer Sprache investieren würde, die nicht einmal in ihrem Ursprungsland weitgehend gesprochen wird.

Vor zwanzig Jahren hätte ich den ausgelacht, der mir gesagt hätte, dass er serbokroatisch lernen möchte. Warum die Sprache eines Landes lernen, wo ein grausamer Bürgerkrieg tobt? Der Krieg ist aber schon lange zu Ende. Letztes Jahr bin ich erst in Belgrad und dann bei einer Polyglottkonferenz in Novi Sad gewesen, und dieses Jahr war ich bei einem Kunden in Split. Mit Serbokroatisch (das jetzt zu einer polyzentrischen Sprache geworden ist, aufgeteilt in Serbisch, Kroatisch, Bosnisch und Montenegrinisch) bin ich schon früher in Kontakt gekommen und die Sprache hat mir gut gefallen - ich finde, sie ist eine der schönsten Sprachen in Europa.

Lohnt es sich überhaupt, Serbokroatisch zu lernen ? Das Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens ist sehr  ausgedehnt und ein Leben würde nicht ausreichen, um es zu erkunden. Kroatien ist schon in der Europäischen Union, während Serbien, Montenegro und Bosnien in die europäische Wirtschaft integriert sind, daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch diese Länder in die Europäische Union eintreten. Die Ukraine dagegen handelt immer noch vorwiegend mit Russland. Die IT-Branche macht auch in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens Fortschritte.

Und wie sieht es mit der Kultur aus ? Mir gefällt die serbokroatische Musik, und ich habe sogar ein Blog darüber erstellt. Obwohl sie sich gegenseitig bekämpft haben, hören die Völker im ehemaligen Jugoslawien die gleiche Musik - kroatische Sängerinnen treten in Serbien auf, und umgekehrt. Buchhandlungen und Bibliotheken sind gut gefüllt, und man kann viele Bücher in diesen Sprachen über IT und andere interessante Themen kaufen. Es gibt auch eine gute Auswahl an gehobenen Comics. In diesen Sprachen gibt es auch viele Filme, sowohl moderne als auch welche aus der Jugoslawien-Ära. Die Leuten dort bevorzugen aber ausländische Filme; heimische Filme findet man in Buchhandlungen nicht und sie werden im Fernsehen nicht gezeigt.

Daher habe ich mich entschlossen, im Juli ein paar Wochen in Zagreb zu verbringen, um Kroatisch zu lernen. Ich habe mir dort Kroatisch von einer privaten Lehrerin beibringen lassen, die mir von der Sprachschule "Sputnik" vermittelt wurde. Ich glaube, ich habe Fortschritte gemacht und ich hoffe, dass ich im nächsten Jahr wenigstens die Stufe A2 erreichen werde. Ich habe zwölf Bücher auf Serbisch und Kroatisch gekauft, Material zum Übern wird mir also nicht fehlen. Ich muss eher aufpassen, dass ich Kroatisch nicht mit den anderen slawischen Sprachen die ich lerne - Polnisch und Russisch - mische.  Darüber werde ich in einem anderen Post schreiben.

Mittwoch, 1. Juli 2015

DIe Welt braucht keine Helden, sondern Fachleute

Geralt mit Triss (links) und Yennefer

Über die Spiele „The Witcher 1“ und „The Witcher 2“ , und über ihren Hauptprotagonisten Gerald habe ich in einem vorherigen Post schon geschrieben. In der Zwischenzeit ist in Polen das Spiel „The Witcher 3„ veröffentlicht worden und darüber haben die Medien in Polen ausgiebig berichtet. Es hat Premieren in allen größeren polnischen Städten gegeben (die ich leider verpasst habe, weil ich auf Dienstreise war) und das Spiel ist schon vier Millionen mal verkauft worden. Jeder halbwegs patriotische Pole hat es schon gekauft, weil Spiele für Polen sind, was für Italiener Kleider und für Deutschen Autos sind: eine Quelle nationalen Stolzes, die man mit dem eigenen Geldbeutel unterstützen sollte.

Ich habe Wiedzmin 3 (wie es auf polnisch heißt) nicht gekauft. Ich würde viel zu lange brauchen, um das Spiel zu Ende zu spielen. Daher schaue mir lieber „Let´s play“ Videos an, in denen Spieldurchgänge gezeigt werden. Ich bekam, im Gegensatz zu „This War of Mine“, nicht die Lust, das Spiel selber zu spielen, weil „The Witcher“ nicht zu meinen beliebtesten Genres gehört. Mir gefallen eher Spiele, die dem Spieler eine große Bewegungsfreiheit geben. Aus diesem Gesichtspunkt ist „The Witcher 3“ für mich eine Enttäuschung gewesen, weil man sich nicht frei auf dem Kontinent bewegen kann, in dem die Geschichte verläuft, und nur einige Städte besichtigen kann. Es gibt viele Dialoge auf Polnisch, welche eine Auswahl verschiedener Optionen erlauben, was eine gute Übung für meine Sprachfähigkeit ist.

Das Universum von The Witcher ist ein Kontinent, der an ein mittelalterliches Europa angelehnt ist, auf dem fantastischen Kreaturen leben. Im Süden befindet sich das mächtige Reich von Nilfgaard samt seiner Vasallenstaaten, das teilweise an das Heilige Römisches Reich erinnert, und im Norden befinden sich die Königreiche wie Temeria, Redenia, Aediern und Kaedwen, freie Städte wie Novigrad und andere Völker wie die Elfen von Scoiatel. Während im Süden Frieden herrscht, ist der Norden viel wilder und gefährlicher, und tatsächlich sind eher in dieser Gegend Witchers aktiv. Sie ziehen von Dorf zu Dorf und werden angeheuert, um die Monster zu bekämpfen, die das Land verseuchen. Geralt, der Hauptprotaganist, reist niemals in den Süden, weil dort Witcher an der kurzen Leine gehalten werden.

Im Spiel „ The Witcher I“ hindert Geralt den Zauberer Salamander daran, seine Pläne zur Weltherrschaft zu realisieren, während im Königreich von Temeria ein Bürgerkrieg zwischen Menschen und anderen Rassen tobt. In „ The Witcher II“ wird Geralt zu Unrecht des Mordes am König von Temeria beschuldigt, und um seine Unschuld zu beweisen setzt er sich auf die Spur einer Witcherbande, die alle Könige der nördlichen Königreiche ermorden möchte. Am Ende schafft es deren Anführer, die Schuld an den Königsmörden der Magierinnenloge in die Schuhe zu schieben, aber in Wahrheit haben die Mörder ihren Auftrag von Nilfgaard bekommen.

Die Witcher-Bücher erzählen die Geschichte zweier blutiger Kriege zwischen dem Reich im Süden und den Königreichen im Norden. Nach dem Ende des ersten Krieges eroberte Nilfgaard das Königreich von Cintra, in dem zweiten wurde aber das Reich von einer starken Koalition geschlagen und musste auf weitere Expansionspläne verzichten. Im Laufe des Spieles Witcher 3, das sich einige Jahre nach den Ereignissen in den Büchern abspielt, tobt ein weiterer, dritter Krieg, in dem das Reich von Nilfgaard die Königreiche Aedirn und Temeria schon erobert hat, und ist dabei Redania anzugreifen, die auch expandiert hat und zu einem ernstzunehmenden Gegner geworden ist. Gerald stand lange zu Diensten beim Königreich von Temeria, im Witcher 3 arbeitet er aber für den Kaiser von Nilfgaard und macht sich auf die Suche nach seiner Tochter, Ciri, die Geralt selber erzogen hatte.

Auch in „The Witcher 3“ ist ein böser Magier am Werk, der „Wilde Jäger“, der von Geralt besiegt werden muss. Im Spiel gibt es auch viele Seitenquests, aber auch noch ein zusätzliches, wichtiges Ziel für Geralt: wieder mit seiner ersten und großen Liebe Yenefer zusammenfinden, die er aber in den vorherigen Spielstaffeln vergessen hatte. Er zog in der Tat die Gesellschaft der Magierin Triss vor, und scheute sich nicht davor, ab und zu eine angenehme Stunde mit den Damen zu verbringen, denen er in seinen Abenteuern begegnete. Tatsächlich hat Gerald unglaublich viel Erfolg bei Frauen, und ein zusätzliches Ziel des Spiels ist so viel Frauen wie möglich zu „sammeln“, unabhängig davon, ob sie Prostituerte, Nonnen oder Magierinnen sind. Jede erfolgreiche Verführung wird mit Spielpunkten belohnt, und dabei wird eine explizite sexuelle Szene gezeigt, die bezweifeln lassen kann, dass das Spiel in dem ach so katholischen Polen realisiert wurde.

Was ist die wichtigste Botschaft vom Spiel „The Witcher 3”? Es ist das Motto des Spiels : "Die Welt braucht keine Helden, sondern Fachleute". Gerald besiegt konsistent die Monstern nur deswegen, weil er Mutationen ausgesetzt wurde, viele Jahre lernte und intensiv an seinen Fähigkeiten arbeitete. Manchmal muss er die Fehler von Leuten beheben, die als Helden gelten wollen, aber keine Ahnung haben, wie sie vorgehen sollten. Es ist auch in der Wirklichkeit oft so: Wenn man etwas nicht kann, sollte man es eher den Fachleuten überlassen und von ihnen lernen. Ich glaube, ich werde das Motto von Geralt übernehmen.

Samstag, 20. Juni 2015

Supermärkte und kleine Läden

Nachbarschaftsladen der Kette "Fröschlein"
In einem vorherigen Post habe ich erzählt, dass in polnischen Geschäften häufig mehr Verkäufer als Kunden zu finden sind. Ich gestehe, dass ich ein bisschen übertrieben habe. Das stimmt nur, wenn man spätabends in einen der teuersten Supermärkte einkaufen geht, so um die 21 Uhr. Am Anfang kaufte ich fast ausschließlich in Supermärkten ein, die Großketten wie Alma, Carrefour und Real gehörten. Dort kann man praktisch alles finden und die Qualität ist gut, das alles kommt aber zu einem hohen Preis. Diese Supermärkte sind an Werktagen bis 22 Uhr und an Feiertagen bis 20 Uhr offen, Tesco ist sogar rund um die Uhr offen. Wenn man nicht die Wohnung verlassen möchte, kann man sogar auf ihren Internetseiten bestellen und eine Lieferung in Auftrag geben.

Es gibt aber auch billigere Supermärkte, die einen nicht ganz so vollständigen Service anbieten. Sie gehören zum Beispiel den Ketten Biedronka (der "Marienkäfer") und Lewiatan. Sie sind im Land flächendeckend verbreitet und verkaufen einen höheren Anteil von einheimischen Waren. Ihre Öffnungszeiten sind kürzer, die Auswahl ist kleiner und manchmal sind bestimmte Produkte nicht verfügbar, dafür sind die Preise niedriger. Diese Supermärkte nehmen den Platz ein, der in den westeuropäischen Ländern von Discountern besetzt wird. Trotzdem ist es mir auch in diesen Geschäften nur selten passiert, dass ich länger in einer Schlange warten musste.

Nachbarschaftsläden in Polen, die Ketten wie Żabka ("Fröschlein" ), Małpka ("Äfflein") oder Fresh Market gehören, sprechen einen anderen Kundenkreis an. Diese kleinen Läden bieten eine kleinere Auswahl. Man kann sich aber trotzdem problemlos ernähren und dabei wenig ausgeben, indem man ausschließlich in solchen Geschäften einkauft. Wenn man aber spätabends hingeht, sind einige Produkte ausverkauft und man muss etwas Anderes kaufen. Außerdem kann es vorkommen, dass sich zu Stoßzeiten Schlangen an der Kasse bilden, obwohl es nie wirklich schlimm wird. Nachbarschaftsläden haben die besten Öffnungszeiten: jeden Tag von 6 bis 23 Uhr. Sie können es sich leisten, Preise sehr niedrig zu halten, weil sie wenig für Miete und Personal zahlen.

Die gleiche Zielgruppe sprechen auch Nachbarschaftsläden an, die keiner Großkette, sondern kleinen Ladenbesitzern gehören. Es scheint mir, dass sie bessere Produkte anbieten, aber ihre Öffnungszeiten sind wesentlich kürzer. Daher kaufe ich in diesen Geschäften nur ein, wenn ich nicht spät von der Arbeit zurückkomme. Das ist die einzige Art Laden, in dem eine kurze Konversation mit dem Verkäufer denkbar ist.

Beim Einkaufen in Polen wird man bemerken, dass die Polen es nicht gewohnt sind, andere Leuten in der Kasseschlange vorzulassen, selbst wenn ihr Einkaufswagen voll ist und der Nächste in der Schlange nur ein einziges Ding kaufen möchte. In Polen ist die Reihenfolge in der Schlange heilig.

Außerdem zahlt man in Polen sehr häufig mit Karte, selbst wenn der Betrag sehr niedrig ist. Wenn man aber lieber mit Bargeld bezahlt, wird man häufig die Frage "Nie ma pan drobnych?" (Haben Sie kein Kleingeld?) hören . Es sieht so aus, als würden alle Läden in Polen, einschließlich Supermärkte, unter einem chronischen Mangel an Kleingeld leiden. Deswegen sollte man die polnischen Zahlen lernen und Verkäufern den genauen Betrag geben, damit sie glücklich sind.

Donnerstag, 11. Juni 2015

Rettet die blauen Schmetterlinge !

Am großen Tag

Es gibt einen sehr schönen Park innerhalb der Gemeinde von Krakau, in dem sich ein schöner See befindet, der die Gestalt eines Schmetterlings hat: Zakrzówek. Dort hat man fast das Gefühl, dass man sich in den Bergen befindet. In diesem Park kann man auch eine sehr seltene Art von blauen Schmetterlingen finden.

Dafür, dass der Park immer noch existiert, müssen wir der Künstlerin Cecylia Malik danken, wie sie in diesem Video erzählt. In der Tat hatte die Gemeinde die Wiese neben dem See 2011 an eine portugiesischen Baufirma verkauft, die dort ein Wohngebiet entstehen lassen wollte. Die Gemeindeverwaltung hatte die Öffentlichkeit nicht darüber informiert und die Transaktion wurde fast geheimgehalten. Cecylia erfuhr davon per Zufall. Ihre Kontakte sagten ihr, dass die Entscheidung schon getroffen worden war und man konnte nichts mehr dagegen unternehmen.

Als sie vom Plan des Wohngebiets erfuhr, fuhr sie mit dem Fahrrad zum Park und entschied sie, nicht untätig zusehen zu wollen, dass der Park zerstört wird. Dann plante sie zusammen mit ihrer Schwester eine Aktion, die die Aufmerksameit der Öffentlichkeit und der Presse erregen würde, um Druck auf die Gemeindeverwaltung zu machen. Sie beschlossen, eine Armee von blauen Schmetterlingen ins Leben zu rufen.

Sie drehten ein Video, in dem es beschrieben wurde, wie man sich zwei Paare blauer Schmetterlingsflügel ausschneiden kann. Sie hatten vor, innerhalb eines Monats ein Kollektiv der blauen Schmetterlinge ("Modraszek Kolektyw") zu etablieren, das sich zu einem bestimmten Datum im Park Zakrzówek treffen würde und einen riesigen Schmetterling aus Menschen bilden würde.

Die Initiative wurde sehr schnell viral. Innerhalb des folgenden Monats wurden überall blaue Schmetterlinge gesichtet, sowohl in der Stadt als auch in den  sozialen Netzwerken. Kultur-, Politik- und Ökovereine wurden involviert (einschließlich des Verbandes der Anarchisten), es wurden Infostände in der Stand aufgestellt, Flyer verteilt, Videos gedreht, Artikel in den Zeitungen geschrieben und Berichte im Radio gesendet. Alle Erwartungen wurden übertroffen und an dem großen Tag eroberten die blauen Schmetterlinge nicht nur den Park, sondern die ganze Stadt - sogar die Denkmäler zogen blaue Schmetterlingsflügel an.

Vetreter des Kollektivs trafen einige Vertreter der Gemeindeverwaltung, die sich gezwungen sahen, das Projekt zu streichen. Der Park existiert immer noch, aber nur die Schlacht wurde gewonnen, und nicht der Krieg. Der See ist mit Drahtzaun umgeben und nicht frei zugänglich, weil er immer noch Gerium gehört. Trotzdem schlagen Bürger und Angehörigen des Kollektives immer noch Löcher in den Zaun, damit man an den Wochenenden einige Stunden am See verbringen kann, obwohl es illegal ist und man theoretisch ein Jahr Gefängnis riskiert. Ich bin selber einmal hingegangen. Die Gemeinde plant schon wieder, dort ein Wohngebiet erbauen zu lassen. Ich befürchte, man wird noch einmal auf die Straße gehen müssen. Diesmal gehe ich mit, ich muss nur lernen, wie man Schmetterlingsflügel bastelt...

Donnerstag, 4. Juni 2015

Unter deutschen Betten




In diesem Post werde ich wieder über Putzfrauen sprechen. Ich werde eine Zusammenfassung von einem Buch schreiben, das von einer in Deutschland als Putzfrau tätig Polin verfasst wurde: "Unter deutschen Betten", von Justina Polanska. Sie erzählt einiges, was sie erleben musste, als sie in Deutschland private Häuser putzte. Das Buch wurde in Deutschland zu einem Bestseller, aber in Polen ist es kaum bekannt. Vielleicht möchten die Deutschen erfahren, was ihre Putzfrauen über sie denken, während Polen ihre Geschichte nicht besonders außergewöhnlich finden. Übrigens gibt es viele Polinnen, die in Deutschland als Putzfrauen arbeiten.

Was kann man unter Deutschen Betten finden ? Justina fand manchmal tote Hamster, lebende Schlangen, Nägel, Tampons, Pizzas, Milch, Hühnerbraten, aber normalerweise findet sie Socken, Flaschen, Teller, Brötchen, Bücher, Zeitschriften, Kondome und Unterwäsche. In einem der skurrilsten Kapitel erzählt sie, was sie alles fand, als sie Häuser putzte. Möglicherweise war das Buch deswegen so erfolgreich - viele Leuten sind neugierig und wollen erfahren, was die Nachbarn in ihren Schränken und Schubladen verstecken,

Viel schockierender ist zu erfahren, wieviele blöde Anmachen und sexuelle Belästigungen eine Putzfrau während ihrer Arbeit aushalten muss, Wenn sie kündigen würde, jedesmal wenn jemand ihren Hintern anfasst oder ihr "eine Zigarre" (so hat es einer ihrer Kunden benannt) gezeigt wird, könnte sie als Putzfrau nicht überleben, behauptet sie. Ihre weiblichen Kunden sind sogar schlimmer, denn sie wird häufig von ihnen angeschrien, beleidigt, des Diebstahls beschuldigt oder sogar mit Ausreden nicht bezahlt.  Letztendlich ist es kaum überraschend, dass ihre besten Kunden ... Homosexuelle und Prostituierte sind.

Mir hat jedenfalls das Buch sehr gut gefallen. Es erzählt die Geschichte einer Frau aus Polen, die in ihrem Heimatsland kaum Perspektiven hat, und deswegen ihr Glück in Deutschland versucht. Nach vielen guten und schlechten Erfahrungen findet sie endlich ihre Berufung als Putzfrau, wonach es in Deutschland eine sehr große Nachfrage gibt. Sie heiratet einen Italiener und gründet eine Familie. Sie ist eine sehr energische Dame, die niemals aufgibt und ihre gute Laune nicht verliert. Im Buch erzählt sie einfach, was sie erlebt und sieht, ohne zu viel zu beurteilen, Selbst wenn sie viele schlechte Menschen kennenlernt, überwiegen die Guten - "Wo es Schatten gibt, gibt es auch Licht".

Die Moral der Geschichte ist klar: Putzfrauen sind auch Menschen und man sollte sie nicht als das fünfte Rad am Wagen behandeln. Manchmal kann eine Putzfrau sogar einem Mann helfen, die Frau zu verführen, in die er verliebt ist - und später wird sie die Wohnung putzen, in die das junge Paar eingezogen ist.

Sonntag, 31. Mai 2015

Die Freiheit ist nutzlos


Zur Zeit des Kommunismus hattest du Geld, aber es gab nichts, das man kaufen könnte.
Zur Zeit der Demokratie sind die Regale voller Waren, du hast aber das Geld nicht, um sie zu kaufen.


Ein Thema, mit dem man sich unvermeidlich auseinandersetzen muss, wenn man in Polen oder in einem anderen osteuropäischen Land lebt, ist die kommunistische Ära. Viele der Meinungen und Verhalten können nicht verstanden werden, wenn man dieses historische Erbe nicht in Betracht zieht. Polen, im Unterschied zu den Russen, sind nicht besonders behilflich, wenn es darum geht, diese Ära zu verstehen. Wahrscheinlich wollen sie damit beweisen, dass sie den Kommunismus überwunden haben, und im Allgemeinen reden sie nicht gerne darüber. Es handelte sich übrigens um ein Regime, das von außen aufgezwungen wurde.

Angeblich sagte einmal Lenin, dass "die Freheit ist nutzlos, wenn man verhungert". Mich beeindruckte dieser Satz, und ich glaube, dass er die Grundidee vom Kommunismus sehr gut darstellt. Nahrung, Wohnung, Arbeit und medizinische Versorgung werden zugesichert, aber viele Freiheiten werden entnommen und es ist nicht erlaubt, sich von der Masse abzuheben oder etwas Neues zu versuchen. Es ist eine Ideologie, die immer noch für Arme und Besitzlose anziehend wirkt. Übrigens sind die kommunistische Regierungen in Osteuropa letztendlich gescheitert, nicht weil es keine Freiheit gab, sondern weil sie nicht mehr in der Lage waren, ihr Grundversprechen zu halten. In China entwickelte sich die Lage anders.

Es ist aber fraglich, ob die Volksrepublik Polen und die anderen osteuropäischen Staaten wirklich "kommunistisch" waren. Laut Marx ist der Kommunismus die letzte Stufe des Revolutionprozesses. In dieser Phase gibt es eine klassenlose Gesellschaft. Jeder nimmt nach seinem Bedarf und gibt nach seinen Möglichkeiten. Gesellschaftsklassen aber existierten immer noch in den kommunistischen Ländern, abhängig von der Stelle, die man in der Machthierarchie einnahm, und von dem Zugang zu den chronisch "defizitären" Konsumgütern. Sogar diejenigen an der Spitze gaben zu, dass die Revolution noch nicht vollständig war und sich immer noch im Stadium der Diktatur des Proletariats befand, weil der Kampf gegen die dekadenten kapitalistischen Länder weitergeführt werden musste. Der politsche Verfolgte Trotzky dagegen behauptete, dass es sich um eine "Verratene Revolution" handelte, die zu einer "Diktatur der Bürokraten" ausgeartet war, und sah voraus, dass sie letztendlich scheitern würde.

In der Volksrepublik Polen gab es die Todestrafe, die gegen Hunderten von Leuten vollzogen wurde. Das Auswandern war nicht erlaubt und sogar als Schwerverbrechen gesehen, und nur wenige Priviligierte durften ins Ausland reisen. Viele Bücher waren verboten. Der cronische Mangel an Verbrauchsgütern wurde sowohl durch Inkompetenz, Korruption und Ineffizienz, als auch durch schlechte Logistik, Infrastruktur und technologischen Rückstand verursacht. Ich habe immer noch nicht verstanden, wie so ein strenges Regime es nicht schaffte, die Leuten zur Arbeit zu zwingen, und zuließ, dass die Arbeiter "immer Recht auf zwei Tausend zloty pro Monat hatten, unabhängig davon, ob sie schliefen oder arbeiteten". Hinzu kommt, dass in den Staatsfabriken die Arbeiter sehr viel gestohlen wurde.

Die Volksrepublik Polen war aber deutlich anders als die Sowietjunion. In Polen wurde die Landwirtschaft kaum kollektiviert. Die katholische Kirche genoß einige Priviligien, und einige Oppositionsbewegungen wie Solidarność wurden toleriert, bis es dann aber doch zu ihrer Niederschlagung während des Ausnahmezustands zwischen 1981 und 1983 kam.

Am Ende gab es keine Revolution, sonder einen runden Tisch. Vertreter der Regierung und der Opposition setzten sich zusammen und einigten sich, wie sich der Regimewandel abspielen sollte. Da es keinen Bruch gab, konnten viele Kommunisten in dem neuen System überleben und sogar erfolgreich sein. Sogar der letzte Diktator Jaruzelski konnte sich aus der Verantwortung für den Ausnahmezustand herausreden, wurde zum Präsidenten gewählt und starb in seinem eigenen Bett, statt erschossen oder ins Gefängnis gebracht zu werden. Die Nachfolger der Kommunistischen Partei schafften es, mehrmals wieder an die Macht zu kommen, bis sie in einige Skandale verwickelt waren und die Partei zusammenbrach..

Tatsächlich scheinen die Polen gegenüber der kommunistischen Ära nicht wirklich von Grund auf negativ eingestellt zu sein. Die Filme, die in jener Periode gedreht wurden, sind immer noch die beliebtesten, obwohl sie versteckte Propaganda enthalten. Es werden regelmäßig Bücher veröffentlicht, die den Eindruck geben, dass das Leben unter dem Kommunismus nicht so schlecht war. Die Meinung, dass der Kommunismus doch viele gute Seiten hatte, ist verbreitet und akzeptabel - das Gleiche in Italien und Deutschland über den Faschismus zu behaupten wäre viel problematischer. Ich stelle mir die Frage, was wohl passieren wird, wenn es dem neuen polnischen Kapitalismus nicht gelingen sollte, sein Versprechen zu halten: über Jahrzehnte ungebrochenes Wachstum und ein Lebensniveau vergleichbar dem in Westeuropa .



Samstag, 23. Mai 2015

Bring einen Esel nach Paris...

Er hatte mir eine romantische Reise versprochen...

Man sagt, dass Reisen den Geist öffnet. Wenn man aber einen Esel nach Paris bringt, wird er ein Esel bleiben.
Ich bin viel in Polen herumgefahren, in der Hoffnung, dass ich etwas über dieses Land lernen würde. Ich habe aber das Gefühl, dass ich nicht besonders viel gelernt habe. Ich kann mich nicht einmal an alle Orte erinnern, wo ich gewesen bin. Ich bin schon mehrmals durch eine Stadt gefahren, ohne zu bemerken, dass ich dort einen Monat zuvor schon gewesen war.

Daher werde ich die Ausflüge zusammenfassen, die ich innerhalb von Polen gemacht habe, seitdem ich in diesem Land arbeite.

Im März 2014 habe ich diesen Ausflug gemacht: Ich bin durch die Städte Tarnów, Rzeszów, Przemyśl, Biłgoraj, Zwierzyniec, Szczebrzeszyn (ja, genau die Stadt, die im Zungenbrecher erwähnt wird), Zamośc, Lublin and Sandomierz gefahren

Ich habe genauere Daten über die Ausflüge, die ich im letzten Jahr gemacht habe, weil mein Android-Gerät alle Orte gespeichert hat, wo ich gewesen war. Ich mache mir wegen meiner Privatsphäre keine Sorgen, deswegen werde ich mit euch die Protokolle teilen.

Das sind die Städte, wo ich im Juni 2014 gewesen bin: Kraków, Olkusz, Sosnowice, Częstochowa, Piotrków Tribunalski, Tomaszów Mazowiecki, Rawa Mazowiecka, Skierniewice, Łowicz, Łódź (ich bin durch diese Stadt nur durchgefahren, weil ich 2013 dort schon ein Wochenende verbracht hatte), Łęczyca, Poddębice,  Zduńska Wola, Sieradz, Wieluń, Olesno, Lubliniec, Tarnowskie Góry und dann fuhr ich durch den schlesischen Ballungsraum, den ich schon mehrmals besucht habe.

Hier sind die Städte, die ich während meiner Sommerferien im Juli 2014 durchfahren habe: in den ersten Tagen war ich in Głogówek bei einem Freund und wir sind in der Umgebung herumgefahren (in Opole und Krapkowice unter Anderem). In den folgenden Tagen fuhr ich nach: Prudnik, Nysa, Ząbkowiece Śląskie, Paczków, Otmuchów, Klodzko, Głuszyca, Walim (wo ich eine unangenehme Begegnung mit einem Hund hatte), Wałbrzych, Kamienna Góra, Jawor, Legnica, Lubin, Polkowice, Głogów, Zielona Góra, Sieraków, Czarnków, Chodzież, Człuchów, Chojnice, Bytów, Kościerzyna, Szymbark (die Stadt, in der sich das umgedrehte Haus befindet), Kartuzy, Gdansk (die ich nur durchfuhr, weil ich es schon vorhatte, diese Stadt an einem der folgenden Wochenenden zu besuchen. Ich besichtigte aber einen Strand, der nicht sehr weit weg war), Malbork, Elbląg, Ostróda, Działdowo, Mława, Płock, Włocławek, Koło, Konin, Kalisz, Ostrów Wielkopolski, Wieluń, Olesno (ich fuhr durch diese Städte, ohne zu bemerken, dass ich sie einen Monat zuvor schon durchfahren hatte), Strelce Opolskie and dann nach Hause. Ich lernte, dass es viele Seen in Zentralpolen gibt. Außerdem besichtigte ich preussische Festungen, Schlösser des Deuschen Ordens und einige von Nazis erbaute Bunker. Ich sah auch das polnische Meer.

Im August 2014, flog ich nach Poznań, Szczecin und Gdansk , was auch von meinem Mobilgerät mitverfolgt wurde. Ich lernte, dass Trójmiasto einen Ballungsraum mit Gdansk, Gdynia und Sopot bildet.

Im September 2014 fuhr ich mit dem Zug nach Torun, und ich habe schon erzählt, dass ich bei der Rückfaht meinen Zug verpasste.

Im April 2015 fuhr ich durch die folgenden Städte: Oświęcim, Kęty, Żywiec, Istebna, Wisła, Ustron, Cieszyn/Český Těšín, Jastrzębie-Zdrój, Wodzisław Śląski, Racibórz, Krapkowice, Grodków, Brzeg, Oława, Kiełczów, Oleśnica, Trzebnica, Brzeg Dolny, Ścinawa, Lubin, Legnica (Ich hatte diese zwei Städte im vorigen Jahr besichtigt) und dann nach Hause.

Wahrscheinlich werde ich meinen nächsten Urlaub aber außerhalb von Polen verbringen, um eine andere Fremdsprache zu üben. Darüber werde ich aber in einem der folgenden Beiträge schreiben.




Freitag, 15. Mai 2015

Putzen, Wäsche waschen, nähen

Gib deine Wäsche hier ab, und hole sie ab, sauber und fein duftend

Wisst ihr, was ich hasse ? Putzen. Zum Glück wohne ich in einer kleinen Wohnung für Junggesellen, und zum Glück existieren Putzfrauen.

In Polen ist es nicht schwierig, eine Putzfrau zu finden. Es ist aber schwierig jemanden zu finden, auf den man sich verlassen kann. Normalerweise bleibt man nicht zu Hause, wenn die Putzfrau kommt, daher gibt man ihr den Hausschlüssel und hofft, dass sie nichts stehlen oder kaputtmachen wird.

Bislang musste ich nicht selber eine Putzfrau suchen, denn zu mir kommt immer noch diejenige, die von meiner Firma empfohlen wurde. Ihr Stundensatz ist ein bisschen höher als der Marktpreis. Früher ließ ich sie nur die Wohnung putzen, dann habe ich sie aber gebeten, die Wäsche zu waschen und zu bügeln. Leider verstehen wir uns manchmal nicht und sie wäscht nicht, was ich gerade brauche, oder wäscht etwas, das ich schon selber gewaschen habe.

Es ist auch möglich, zum Waschsalon zu gehen, um dort seine Wäsche waschen und bügeln zu lassen. Waschsalons sind nicht besonders billig und der nächste ist ziemlich weit von meiner Wohnung entfernt. Aber wenigstens sind sie effizient - nach einem Tag ist die Wäsche schon abholungsbereit.

Diese Woche habe ich zum ersten Mal den “pralniomat” probiert, der sich von meiner Firma befindet. Es handelt sich um einen Automaten mit Schließfächern, in dem man seine Wäsche abgeben kann, nachdem man seine Telefonnummer und Emailadresse in das angeschlossene Steuerungsgerät eingegeben hat. Schon am darauffolgenden Tag kann man die gewaschene und gebügelte Wäsche abholen, indem man den zugewiesenen Code eingibt und mit Kreditkarte zahlt.

In Polen ist es auch leicht jemanden zu finden, der Näharbeiten zu guten Preisen macht. Auch Kleinigkeiten, wie zum Beispiel einen Knopf an einem Hemd annähen. Ich weiß, ich könnte es selber tun, aber … jeder sollte machen, was er am Besten kann!

Sonntag, 10. Mai 2015

Deutsche, Italiener und Polen im Geschäftsleben

Das könnte eine Lösung sein...

Ich bin im Bezirk der Kunstmöbel von Cerea aufwachsen, in dem Möbel hergestellt werden, die so gebaut werden, dass sie einige Jahrhunderte alt aussehen und in der ganzen Welt verkauft werden. Lokale Handwerker lehnten sich traditionell an deutsche Firmen an, um ihre Produkte weltweit zu vermarkten und zu verkaufen. Es gab eine symbiotische Beziehung zwischen Deutschen und Italienern und schon damals habe ich festsgestellt, dass diese zwei Völker dazu neigen, ziemlich gut miteinander zu arbeiten.

Italiener und Deutsche sind ziemlich unterschiedlich, aber Geschäftsbeziehungen zwischen diesen zwei Völkern haben eine lange Tradition. Sie kennen einander, sie schätzen einander, beide wissen, was man von dem Anderen erwarten kann. Selbstverständlich gibt es Schwierigkeiten und Missverständisse, die aber überwunden werden können, wenn es notwendig und sinnvoll ist, miteinander zu arbeiten.

Um bei dem Beispiel der Möbel zu bleiben, Italien ist immer noch das Land in Europa, das die meisten Möbel ins Ausland exportiert. In letzter Zeit  kaufen die Deutschen aber lieber Möbel von den Polen. In der Tat habe ich in diesem Land jede Menge kleine Möbelfabriken gesehen. Soweit ich weiß arbeiten polnische Hersteller arbeiten eng mit deutschen Firmen zusammen, um ihre Waren zu vermarkten und zu verbreiten.

Deutsche und Polen arbeiten auch ziemlich gut zusammen. Sie kennen einander, sie wissen, was man von dem Anderen erwarten kann. Vor allem betrügen sie sich nicht - sie tun nicht so, als würden sie einander mögen. Es sind Beziehungen, die nur auf gegenseitigem Respekt und Interessen basieren.

Wie sieht es aus, wenn Italiener und Polen zusammenarbeiten? Läuft es gut ? Laut meiner Erfahrung gibt es viele Fallen. Italiener und Polen kennen sich gegenseitig nicht weshalb sie nicht wissen, was man von dem Anderen erwarten kann. Daher bildet man sich einfach ein, dass man ähnlich ist - nichts könnter falscher sein. Es gibt viele Unterschiede, die eine Geschäftsbeziehung ruinieren können. Zum Beispiel haben Polen einen sehr direkten Kommunikationsstil, im Gegensatz zu Italienern, die sich gerne um Kopf und Kragen reden. Der Polnische Humor ist sehr schwarz, Italiener dagegen erzählen lieber Witze mit sexuellen Anspielungen, von denen Polinnen sich beleidigt fühlen könnten. Übrigens sitzen in Polen, öfter als in Italien, Frauen an Machtpositionen. Daher ist es manchmal besser mit Deutschen zu arbieten. Deutschen bilden sich nicht ein, dass sie einen tollen Sinn für Humor haben, erzählen kaum Witze wenn sie Geschäfte machen, tun aber so als ob sie die gemachten Witze lustig finden würden.

Die IT-Branche weist zusätzliche Besonderheiten auf. In Polen, wie in den meisten osteuropäischen Ländern, sind die wenigen IT-Lieferanten eine Welt mit weniger Konkurrenz gewohnt, weil diese Märkte sehr lange von den größeren Beratungsfirmen ignoriert wurden. Deswegen sind die in diesen Ländern entstandenen IT-Firmen gewohnt, sich in einer starken Stellung gegenüber ihren Kunden zu befinden, weil IT-Lieferanten nicht so leicht ausgetauscht werden können wie in westlichen Ländern.

Außerdem haben viele deutsche Firmen ihre Prozesse so gestaltet, dass man sie leicht auslagern kann. Die großen Beratungsfirmen sind anwesend, aber sie überschreiten ihre Kompetenzen nicht und beschränken sich auf ihre Kernkompetenz: die Beratung. Dagegen sind Geschäftsprozesse in Italien häufig nicht so gut strukturiert und daher können die großen Beratungsfirmen eine große Macht an sich reißen, die weit über die Beratung hinausgeht. Sie kennen die Geschäftsprozesse besser als ihre Kunden und machen sich auf eine fast pathologische Weise unentbehrlich.

Für einen osteuropäischen IT-Lieferanten ist es viel leichter, Geschäfte in Deutschland als in Italien zu führen. Offshore-Firmen brauchen klar und gut definierte Prozesse, weil sie nicht tun können, was eine lokal ansässige Beratungsfirma machen würde: viel Zeit in langen und langweiligen Meeting zu verbringen, was häufig die einzige Methode ist, um herauszufinden, was der Kunde wirklich möchte.

Samstag, 25. April 2015

Welcher Sprache ähnelt die polnische Sprache ?




Welcher Sprache ähnelt die polnische Sprache ? Der deutschen oder der russischen Sprache? Ich werde häufig danach gefragt, worauf ich immer antworte, dass Polnisch weder an Deutsch, noch an Russisch, noch an irgendeine andere Sprache erinnert. Das stimmt aber nicht ganz.

Slawische Sprachen sind in drei Unterkategorien aufgeteilt: Ostslawisch (Russisch, Ukrainisch und Weißrussisch), Westslawisch (Polnisch, Tschechisch, Slovakisch und Sorbisch) und Südslawisch (Slovenisch, Serbisch-Bosnisch-Kroatisch, Mazedonisch und Bulgarisch). Sprachen werden in Gruppen und Untergruppen auf Basis von grammatikalischen und lexikalischen Ähnlichkeiten aufgeteilt, es handelt sich aber immer um eine ungenaue Klassifizierung.

Unter westslawischen Sprachen gibt es eine bestimmte Ähnlichkeit und gegenseitige Verständlichkeit. Wenn jeder in seiner eigenen Sprache spräche, würden sich sowohl ein Tscheche und ein Slowake, als auch ein Pole und ein Slowake gegenseitig verstehen. Überraschenderweise würden aber ein Tscheche und ein Pole dabei größere Schwierigkeiten haben. Vielleicht ist das auch ein psychologisches Hindernis, weil Polen Slowakei mehr zu mögen scheinen als Tschechien. In der Tat ist die Slowakei ein sehr katholisches Land und ein beliebtes Urlausbziel, dagegen gehören die meisten Tschechen keiner Konfession an (aus historischen Gründen, die auf die Hussitenrevolten zurückgehen) und angeblich sind in Tschechien die Frauen ... hässlich.

Sowohl Slowakisch als auch Tschechisch klingen einigermaßen komisch für ein polnisches Ohr. In beiden Sprachen sollte man allerdings aufpassen und die polnischen Wörter "szukać" (suchen) oder "słychać" (zuhören) vermeiden, die man leicht mit dem tschechischen und slowakischen Wort "šukat" verwechseln kann. Praktisch jeder Pole kann eine Geschichte über ein Missverständis wegen dieses Wortes erzählen, als während eines Aufenthaltes in der Slovakei oder in Tschechien Sätze wie "Ich suche meine Lehrerin" oder "Wir sind alle auf der Suche nach ihm" gesagt wurden.

Polnisch ist auch einer anderen größeren Sprache ziemlich ähnlich: Ukrainisch. Diese Sprache gehört der ostslawischen Gruppe an, ihr Wortschatz ist aber näher der Polnischen als der Russischen. Das kommt aus der ukrainischen Geschichte, denn das Land wurde "russisch" geboren, verblieb aber über Jahrhunderte in einer engen Beziehung mit Polen. Es gibt einige "praktische" Kurse Ukrainisch für Polen, die zu einem guten Verständis der Sprache nach wenigen Wochen begleiten.

Trotzdem ist die Beziehung zwischen Polen und Ukrainern einigermaßen ... komplex. Es gibt immer noch eine historische Feindlichkeit zwischen diesen zwei Ländern, die noch nicht vergessen wurde. Tatsächlich war vor dem Beginn der ukrainischen Krise der Genozid von Wolhynien ein beliebtes Thema in den polnischen Medien, der gegen Ende des Zweiten Weltkriegs von ukrainischen Partisanen an der dortigen polnischen Bevölkerung verübt wurde. Außerdem betrachten leider viele Polen Ukrainisch immer noch als einen Dialekt der russischen Sprache - was man einem Deutschen oder einem Italiener verzeihen könnte, aber nicht einem Polen. Es besteht aber keinen Zweifel daran, dass Ukrainisch eine selbstständige Sprache ist, die eine beachtliche Literatur besitzt und die von fast 40 Millionen Menschen gesprochen wird, wie Polnisch.

Ukrainisch klingt auch sehr angenehm für ein polnisches Ohr - viel mehr als Russisch. Ukrainisch wurde angeblich in einem Wettbewerb als zweitschönste Sprache nach (selbstvertständlich) Italienisch in Europa gewählt, obwohl ich nicht genau weiß wann und wo er stattgefunden hat. Die ukrainische Musik ist einigermaßen beliebt in Polen. In der Tat gibt es einige erfolgreiche Musikgruppen in Polen, wie zum Beispiel Mirami und Enej, die auf Ukrainisch singen. Es sind normalerweise die Ukrainer, und nicht die Russen, die in den Sinn kommen, wenn man über die "slawischen Brüder" spricht.

Weißrussisch ist dem Polnischen auch recht nah, aber in geringerem Maße, und das hat sowieso weniger Bedeutung, da diese Sprache selbst in Weißrussland kaum gesprochen wird. Russisch dagegen ist ziemlich weit entfernt von Polnisch, und für Polen ist diese Sprache fast ebenso schwierig zu erlernen wie für "Nicht-Slawen". Außerdem wählen sie normalerweise nicht Russisch, wenn sie eine neue Kultur und Mentalität kennenlernen möchten. Wenn man aber schon Polnisch gelernt hat, wird es einem leichter fallen, die russische Grammatik zu verstehen (und umgekehrt). Trotzdem sind diese zwei Sprahen sehr unterschiedlich und weit weg von einer gegenseitigen Verständlichkeit. Das gleiche gilt für Polnisch und südslawische Sprachen.

Daher stimmt es nicht, dass Polnisch keiner anderen Sprache ähnelt - es ist aber wahrscheinlich wie keine andere Sprache, die ihr schon gelernt habt. Wenn man aber gut Polnisch kann, kann man sich damit auch in einigen der benachbarten Länder einigermaßen verständigen.

Montag, 30. März 2015

Gender und Feminismus in Polen

Gender zerstört Polen! Gender zerstört die Familie.
Ich habe mehrmals in den Medien in Polen von den Gender-Ideologie gehört, aber am Anfang war es mir unklar, worum es eigentlich ging. Große Teile der Bevölkerung glauben, dass die Europäische Union eine sogenannte "Gender-Ideologie" verbreitet, und somit beabsichtigt, die Unterschiede zwischen Männern und Frauen zu verwischen, was gefährlicher als Nazismus und Kommunismus ist. Tatsächlich, wenn ein kleiner Junge aus Versehen mit einer Puppe spielen sollte, wird er fast unvermeidlich zu einem Homosexuellen, dagegen werden Mädchen, die mit Autos spielen sollten, keine Kinder gebären wollen. Außerdem würde sexuelle Erziehung in der Schule die Jungs zu Pervertierten machen, über Sex sollten sie sich anhand Internetpornographie schlau machen.

Diese Leute befürchten auch, dass die Gender Ideologie zu mehr Toleranz gegenüber Homosexuellen führen könnte. Dann könnten alle Männer zu Homosexuellen werden, wie es in Westeuropa schon passiert ist. Moment...

Manchmal wird das Thema Gender mit Feminismus vermischt. Im Unterschied zum Westen gibt es in Polen keine verbreitete Meinung, dass Frauen sich wie Männer verhalten müssten, um zu den gleichen Rechten zu kommen. Daher sind Frauen in Polen weiblicher und erwarten, dass sie mit Galanterie behandelt werden: man sollte ihnen den Sitz überlassen, die Türen öffnen, ihnen beim Gepäcktragen helfen, ihnen in den Mantel helfen, zuerst ihnen die Hände schütteln und vor allem in ihrer Anwesenheit nicht schimpfen.

Es muss erwähnt werden, dass in Polen wie in den anderen osteuropäischen Ländern ist der Anteil der Frauen, die eine Machtposition innehaben, höher als in Westeuropa ist. Das ist eine Hinterlassenschaft des Kommunismus, der den Frauen die gleichen Rechte und vor allem die gleichen Pflichten wie den Männern gab. Trotzdem sind es in den polnischen Haushalten immer noch die Frauen, die die Hausarbeiten erledigen.

Die Angst vor der Gender-Ideologie hat auch damit zu tun, dass der Feminismus im "westlichen" Sinn in Polen nicht existiert. Der Feminismus kann auch für Männer günstig sein, die somit von den sozialen Konventionen nicht dazu gezwungen werden, unbekannten Frauen behilflich zu sein. Ich bin der gleichen Meinung wie der Hauptprotagonist des Filmes "Dzien Swira" in dieser Szene: Ich bin für die volle Gleichheit der Geschlechter, sowohl in den Rechten als auch in den Pflichten.

Sonntag, 22. März 2015

#OMGKRK



Was ist der wichtigste Grund, warum ich mich entschieden habe, in Polen und gerade in Krakau zu arbeiten? Nicht wegen der Frauen oder des Papstes, sondern wegen der Programmierer.

Polnische Programmierer gehören zu den besten weltweit - das beweisen die vielen gewonnenen Preise bei Programmierwettbewerben. Die technische Ausbildung in Schulen und Universitäten ist sehr gut und während des Studiums muss man Praktika absolvieren - auch bei meinem Projekt bei Comarch nehmen Studenten an produktiven Aufgaben teil. Die Anzahl der Absolventen ist hoch, weil die Begabten immer die Chance haben, zu studieren, selber wennihnen wenig finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.

Der Beruf des Programmierers gehört in Polen zu denjenigen, die am besten bezahlt werden (anders als zum Beispiel in Italien). Die Arbeitgeber können unterschiedliche Kompetenzstufen in verschiedenen Technologien wahrnehmen und einschätzen, daher sind technische Fähigkeiten die wichtigsten Auswahlkriterien bei den Vorstellungsgesprächen..

Ich habe an vielen IT- und Karrieremessen, sowie an abendlichen Treffen von Technikbegeisterten teilgenommen. Davon gibt es in Krakau und in Polen sehr viele, allerdings sind Polnischkenntnisse notwendig, um davon zu profitieren. Nirgendwo anders habe ich so viel Begeisterung für die Technologie wie hier gesehen. Es gibt ein Tag auf Twitter und Facebook, um die Events zu verfolgen: #OMGKRK. Nicht ohne Grund sagt man, dass Krakau das Offshoring-Zentrum Nummer Eins in Europa ist.

Es war in Polen, das ich zum ersten Mal erlebt habe, was in meinen früheren Projekten vor Ort beim Kunden immer nur ein Wunschtraum war: die konsistente Prüfung jedes Code-Ausschnittes durch einen zweiten Entwickler, bevor er eingecheckt wird, das heißt, das Vier-Augen-Prinzip. Ich erlebe hier auch einen Ansatz “Technology First”, in dem sich vorrangig zu den neuen Technologien öffnet, statt sich ausschließlich an die Wünsche des Kunden anzupassen. Wenn man an den technologischen Fortschritt glaubt, ist so ein Ansatz sehr befreiend.

Was in Polen auch sehr gut funktioniert, ist die Einbindung von neuen Mitgliedern in ein Team. Die neuen Mitarbeiter werden mit einer sehr großen Geschwindigkeit produktiv. Teilweise bereue ich, dass ich meine Karriere als Programmierer nicht in Polen begonnen habe - heutzutage wäre ich wahrscheinlich ein besserer Programmierer. Dennoch können sich meine professionellen Kompetenzen hier immer noch ausbauen.

Es gibt andere Bereiche, in denen aber die Polen nicht ebenso gut sind - davon aber ich habe schon gesprochen.

Dienstag, 17. März 2015

Schwarzer Humor



Ich habe schon geschrieben, dass ich polnische Komödien wie Mis, Sexmisja und Rejs nicht besonders lustig finde. Noch schlimmer für mich sind aber polnische Witze.

Zwei Männer in Polen unterhalten sich. Der erste sagt: “In den nächsten Monaten werden die Russen kommen, uns alle in Zugwagen verstauen und nach Sibirien deportieren!” Der zweite erwidert: “Du bist aber ein Optimist! Wenn die Russen kommen, werden wir alle zu Fuss nach Sibirien gehen müssen !” Und dann endet der Witz. So wird er von Stephen Möller erzählt. Ich würde einen dritten Mann dazunehmen, der darauf antwortet : “Ihr beide seid zu optimistisch! Die Russen werden uns zuerst die Beine abschneiden und wir werden alle nach Siberien kriechen müssen!”
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Seid ihr noch am Lachen? Ich nicht. Das ist ein typisches Beispiel vom polnischen schwarzen Humor. Schauen wir uns einen anderen Witz an.

Ein Mann kommt von der Arbeit zurück und hat Lust, seine Frau zu verprügeln. Dazu braucht er aber eine Ausrede. Er sagt ihr “Ich möchte eine Suppe!” - auf den Tisch kommt gleich eine leckere Suppe. “Ich möchte einen Schnitzel!” Blitzschnell kocht seine Frau einen Schnitzel. Dann sagt der Mann : “Kriech unter den Tisch!” . Die Frau kriecht gehorsam unter den Tisch. “Und jetzt bell!” , sagt der Mann, und seine Frau bellt. “Was ? Du bellst deinen Herrchen an ? Jetzt wirst du den Arsch voll kriegen!” . Diesen Witz habe ich auch in diesem Portal gefunden.
Polen erzählen gerne diese Art Witze, selbst wenn Frauen anwesend sind.

Ich werde noch einen besseren Witz erzählen. Ein Mann hat seine Frau ins Krankenhaus gebracht und wartet auf die Entbindung neben dem Kreisssaal. Ein Arzt kommt aus dem Saal und trägt ein Baby. Der Mann greift nach dem Baby, aber der Arzt lässt es fallen. Der Arzt schlägt dann das Baby gegen die Wand und prügelt mit Fäusten darauf. Der Mann ist verzweifelt. Der Arzt beruhigt ihn : “Das war ein Scherz! Das Baby war bei der Geburt schon tot !”. Diesen Witz habe ich bei einem Abendessen mit den Kollegen gehört, und alle bis auf mich haben es lustig gefunden. Später habe ich diesen Witz in diesem Forum gefunden.

Es scheint nicht besonder schwierig zu sein, die Polen zum Lachen zu bringen. Das Kind sagt : “Vati! Vati! Adam hat mein Spielzeugauto kaputtgemacht!” Der Vater darauf : “Geschieht dir recht! Das hat er getan, weil du ein Arschloch bist!” Hier kann man den Comic-streifen finden. Nein, dieser Witz ist nicht nur für Teenagers gedacht, sondern auch für Erwachsene. Mir wurde gesagt, dass ich keinen Humor habe, weil ich ihn nicht verstanden habe.

Findet irgendjemand diese Witze lustig, der nicht aus Polen stammt ? Mich würde es interessieren.