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Samstag, 20. Juni 2015

Supermärkte und kleine Läden

Nachbarschaftsladen der Kette "Fröschlein"
In einem vorherigen Post habe ich erzählt, dass in polnischen Geschäften häufig mehr Verkäufer als Kunden zu finden sind. Ich gestehe, dass ich ein bisschen übertrieben habe. Das stimmt nur, wenn man spätabends in einen der teuersten Supermärkte einkaufen geht, so um die 21 Uhr. Am Anfang kaufte ich fast ausschließlich in Supermärkten ein, die Großketten wie Alma, Carrefour und Real gehörten. Dort kann man praktisch alles finden und die Qualität ist gut, das alles kommt aber zu einem hohen Preis. Diese Supermärkte sind an Werktagen bis 22 Uhr und an Feiertagen bis 20 Uhr offen, Tesco ist sogar rund um die Uhr offen. Wenn man nicht die Wohnung verlassen möchte, kann man sogar auf ihren Internetseiten bestellen und eine Lieferung in Auftrag geben.

Es gibt aber auch billigere Supermärkte, die einen nicht ganz so vollständigen Service anbieten. Sie gehören zum Beispiel den Ketten Biedronka (der "Marienkäfer") und Lewiatan. Sie sind im Land flächendeckend verbreitet und verkaufen einen höheren Anteil von einheimischen Waren. Ihre Öffnungszeiten sind kürzer, die Auswahl ist kleiner und manchmal sind bestimmte Produkte nicht verfügbar, dafür sind die Preise niedriger. Diese Supermärkte nehmen den Platz ein, der in den westeuropäischen Ländern von Discountern besetzt wird. Trotzdem ist es mir auch in diesen Geschäften nur selten passiert, dass ich länger in einer Schlange warten musste.

Nachbarschaftsläden in Polen, die Ketten wie Żabka ("Fröschlein" ), Małpka ("Äfflein") oder Fresh Market gehören, sprechen einen anderen Kundenkreis an. Diese kleinen Läden bieten eine kleinere Auswahl. Man kann sich aber trotzdem problemlos ernähren und dabei wenig ausgeben, indem man ausschließlich in solchen Geschäften einkauft. Wenn man aber spätabends hingeht, sind einige Produkte ausverkauft und man muss etwas Anderes kaufen. Außerdem kann es vorkommen, dass sich zu Stoßzeiten Schlangen an der Kasse bilden, obwohl es nie wirklich schlimm wird. Nachbarschaftsläden haben die besten Öffnungszeiten: jeden Tag von 6 bis 23 Uhr. Sie können es sich leisten, Preise sehr niedrig zu halten, weil sie wenig für Miete und Personal zahlen.

Die gleiche Zielgruppe sprechen auch Nachbarschaftsläden an, die keiner Großkette, sondern kleinen Ladenbesitzern gehören. Es scheint mir, dass sie bessere Produkte anbieten, aber ihre Öffnungszeiten sind wesentlich kürzer. Daher kaufe ich in diesen Geschäften nur ein, wenn ich nicht spät von der Arbeit zurückkomme. Das ist die einzige Art Laden, in dem eine kurze Konversation mit dem Verkäufer denkbar ist.

Beim Einkaufen in Polen wird man bemerken, dass die Polen es nicht gewohnt sind, andere Leuten in der Kasseschlange vorzulassen, selbst wenn ihr Einkaufswagen voll ist und der Nächste in der Schlange nur ein einziges Ding kaufen möchte. In Polen ist die Reihenfolge in der Schlange heilig.

Außerdem zahlt man in Polen sehr häufig mit Karte, selbst wenn der Betrag sehr niedrig ist. Wenn man aber lieber mit Bargeld bezahlt, wird man häufig die Frage "Nie ma pan drobnych?" (Haben Sie kein Kleingeld?) hören . Es sieht so aus, als würden alle Läden in Polen, einschließlich Supermärkte, unter einem chronischen Mangel an Kleingeld leiden. Deswegen sollte man die polnischen Zahlen lernen und Verkäufern den genauen Betrag geben, damit sie glücklich sind.

Donnerstag, 11. Juni 2015

Rettet die blauen Schmetterlinge !

Am großen Tag

Es gibt einen sehr schönen Park innerhalb der Gemeinde von Krakau, in dem sich ein schöner See befindet, der die Gestalt eines Schmetterlings hat: Zakrzówek. Dort hat man fast das Gefühl, dass man sich in den Bergen befindet. In diesem Park kann man auch eine sehr seltene Art von blauen Schmetterlingen finden.

Dafür, dass der Park immer noch existiert, müssen wir der Künstlerin Cecylia Malik danken, wie sie in diesem Video erzählt. In der Tat hatte die Gemeinde die Wiese neben dem See 2011 an eine portugiesischen Baufirma verkauft, die dort ein Wohngebiet entstehen lassen wollte. Die Gemeindeverwaltung hatte die Öffentlichkeit nicht darüber informiert und die Transaktion wurde fast geheimgehalten. Cecylia erfuhr davon per Zufall. Ihre Kontakte sagten ihr, dass die Entscheidung schon getroffen worden war und man konnte nichts mehr dagegen unternehmen.

Als sie vom Plan des Wohngebiets erfuhr, fuhr sie mit dem Fahrrad zum Park und entschied sie, nicht untätig zusehen zu wollen, dass der Park zerstört wird. Dann plante sie zusammen mit ihrer Schwester eine Aktion, die die Aufmerksameit der Öffentlichkeit und der Presse erregen würde, um Druck auf die Gemeindeverwaltung zu machen. Sie beschlossen, eine Armee von blauen Schmetterlingen ins Leben zu rufen.

Sie drehten ein Video, in dem es beschrieben wurde, wie man sich zwei Paare blauer Schmetterlingsflügel ausschneiden kann. Sie hatten vor, innerhalb eines Monats ein Kollektiv der blauen Schmetterlinge ("Modraszek Kolektyw") zu etablieren, das sich zu einem bestimmten Datum im Park Zakrzówek treffen würde und einen riesigen Schmetterling aus Menschen bilden würde.

Die Initiative wurde sehr schnell viral. Innerhalb des folgenden Monats wurden überall blaue Schmetterlinge gesichtet, sowohl in der Stadt als auch in den  sozialen Netzwerken. Kultur-, Politik- und Ökovereine wurden involviert (einschließlich des Verbandes der Anarchisten), es wurden Infostände in der Stand aufgestellt, Flyer verteilt, Videos gedreht, Artikel in den Zeitungen geschrieben und Berichte im Radio gesendet. Alle Erwartungen wurden übertroffen und an dem großen Tag eroberten die blauen Schmetterlinge nicht nur den Park, sondern die ganze Stadt - sogar die Denkmäler zogen blaue Schmetterlingsflügel an.

Vetreter des Kollektivs trafen einige Vertreter der Gemeindeverwaltung, die sich gezwungen sahen, das Projekt zu streichen. Der Park existiert immer noch, aber nur die Schlacht wurde gewonnen, und nicht der Krieg. Der See ist mit Drahtzaun umgeben und nicht frei zugänglich, weil er immer noch Gerium gehört. Trotzdem schlagen Bürger und Angehörigen des Kollektives immer noch Löcher in den Zaun, damit man an den Wochenenden einige Stunden am See verbringen kann, obwohl es illegal ist und man theoretisch ein Jahr Gefängnis riskiert. Ich bin selber einmal hingegangen. Die Gemeinde plant schon wieder, dort ein Wohngebiet erbauen zu lassen. Ich befürchte, man wird noch einmal auf die Straße gehen müssen. Diesmal gehe ich mit, ich muss nur lernen, wie man Schmetterlingsflügel bastelt...

Donnerstag, 4. Juni 2015

Unter deutschen Betten




In diesem Post werde ich wieder über Putzfrauen sprechen. Ich werde eine Zusammenfassung von einem Buch schreiben, das von einer in Deutschland als Putzfrau tätig Polin verfasst wurde: "Unter deutschen Betten", von Justina Polanska. Sie erzählt einiges, was sie erleben musste, als sie in Deutschland private Häuser putzte. Das Buch wurde in Deutschland zu einem Bestseller, aber in Polen ist es kaum bekannt. Vielleicht möchten die Deutschen erfahren, was ihre Putzfrauen über sie denken, während Polen ihre Geschichte nicht besonders außergewöhnlich finden. Übrigens gibt es viele Polinnen, die in Deutschland als Putzfrauen arbeiten.

Was kann man unter Deutschen Betten finden ? Justina fand manchmal tote Hamster, lebende Schlangen, Nägel, Tampons, Pizzas, Milch, Hühnerbraten, aber normalerweise findet sie Socken, Flaschen, Teller, Brötchen, Bücher, Zeitschriften, Kondome und Unterwäsche. In einem der skurrilsten Kapitel erzählt sie, was sie alles fand, als sie Häuser putzte. Möglicherweise war das Buch deswegen so erfolgreich - viele Leuten sind neugierig und wollen erfahren, was die Nachbarn in ihren Schränken und Schubladen verstecken,

Viel schockierender ist zu erfahren, wieviele blöde Anmachen und sexuelle Belästigungen eine Putzfrau während ihrer Arbeit aushalten muss, Wenn sie kündigen würde, jedesmal wenn jemand ihren Hintern anfasst oder ihr "eine Zigarre" (so hat es einer ihrer Kunden benannt) gezeigt wird, könnte sie als Putzfrau nicht überleben, behauptet sie. Ihre weiblichen Kunden sind sogar schlimmer, denn sie wird häufig von ihnen angeschrien, beleidigt, des Diebstahls beschuldigt oder sogar mit Ausreden nicht bezahlt.  Letztendlich ist es kaum überraschend, dass ihre besten Kunden ... Homosexuelle und Prostituierte sind.

Mir hat jedenfalls das Buch sehr gut gefallen. Es erzählt die Geschichte einer Frau aus Polen, die in ihrem Heimatsland kaum Perspektiven hat, und deswegen ihr Glück in Deutschland versucht. Nach vielen guten und schlechten Erfahrungen findet sie endlich ihre Berufung als Putzfrau, wonach es in Deutschland eine sehr große Nachfrage gibt. Sie heiratet einen Italiener und gründet eine Familie. Sie ist eine sehr energische Dame, die niemals aufgibt und ihre gute Laune nicht verliert. Im Buch erzählt sie einfach, was sie erlebt und sieht, ohne zu viel zu beurteilen, Selbst wenn sie viele schlechte Menschen kennenlernt, überwiegen die Guten - "Wo es Schatten gibt, gibt es auch Licht".

Die Moral der Geschichte ist klar: Putzfrauen sind auch Menschen und man sollte sie nicht als das fünfte Rad am Wagen behandeln. Manchmal kann eine Putzfrau sogar einem Mann helfen, die Frau zu verführen, in die er verliebt ist - und später wird sie die Wohnung putzen, in die das junge Paar eingezogen ist.