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Mittwoch, 26. August 2015

Blitzer und Parkverbote

In Krakau heißt das .... gebührenpflichtiger Parkplatz!

Ich habe in einem vorherigen Post geschrieben, dass man in Polen auf die vielen Blitzer aufpassen sollte, wenn man im Land herumfährt. Ein gutes Navi wird vor den Blitzern warnen. Während meiner letzten Autofahrten in Polen  habe ich aber mein Mobilgerät mit Google Maps als Navigator eingesetzt. Leider enthält diese Software keine Daten über Blitzer, daher bekam ich zwei Strafen wegen zu hoher Geschwindigkeit.

Diesen Monat habe ich einen bedrohlichen Brief aus dem Straßensverkehrinspektorat bekommen, der mich darüber informierte, dass ich im April dieses Jahres die Höchstgeschwindigkeit in einem Stadtgebiet um 30 km/h überschritten hatte. Das wird mich 200 zloty (50 euro) und sechs Punkte im Verkehrssünderregister kosten. Der Maximalwert ist 24 Punkte, aber soweit ich weiß verfallen Punkte in Polen nach einem Jahr, wenn die Strafen bezahlt worden sind. Da ich einen deutschen Führerschein besitze, können, wie ich herausgefunden habe, die polnischen Behörden mir den Führerschein nicht wegnehmen, aber sie können mir das Fahren in Polen verbieten. Ich sollte mehr aufpassen.

Jedenfalls bin ich nicht der Einzige, der Verkehrsstrafen bekommen hat. Meine Eltern sind diesen Monat in Krakau und haben zwei Strafen wegen Parkverbot bekommen. In der Nachbarschaft, wo meine Eltern eine Unterkunft durch Airbnb gefunden haben, hat die Stadtverwaltung mehrere Parkuhren aufgestellt. Mein Vater wurde dadurch verwirrt, dass die gebührenpflichtigen Parkplätze mit weißen Streifen markiert sind und sich neben einem Straßenzeichen befinden, das ein "P" zeigt. In Italien würde das auf kostenfreies Parken hinweisen, aber in Polen heißt das gebührenpflichtig ! Sie dürfen ihr Auto vor der Wohnung parken, in der sie untergekommen sind, obwohl es dort ein Parkverbot-Straßenzeichen gibt! Davor waren sie von ihrer Hausbesitzerin gewarnt worden, an ihren Hinweis glaubte sie aber nicht und daher bekamen sie zwei Strafen, bis sie endlich verstanden, wie es hier funktionert....

In Polen scheint die Polizei immer plötzlich und magisch zu erscheinen, jedes mal wenn man sein Auto in einer Parkverbotszone geparkt hat. Einmal bekam ich auch eine Strafe, als ich mein Auto in einer gebührenpflichtigen Parkzone verlassen hatte und dabei vergessen hatte, ein Parkticket zu kaufen.

Mein Vater erwägte die Möglichkeit, die Strafen nicht zu bezahlen. Es ist nämlich bekannt, dass in Ausländer, die in Italien unterwegs sind, typischerweise ihre Strafen nicht bezahlen, selbst wenn sie ihnen nach Haus geschickt werden. Es gibt nämlich in Italien kein Zentralsystem für Verkehrsstrafen, daher werden Ausländer nicht einmal zur Kasse gebeten, wenn sie von Polizeistreifen aufgehalten werden. In Polen soll es aber anders laufen. Ich habe von ausländischen Autofahrern gehört, die von der Polizei aufgehalten wurden und ihre alten Verkehrsstrafen mit Zinsen bezahlen mussten, ansonsten wäre ihr Auto beschlagnahmt worden.

Schließlich bezahlte mein Vater (oder besser gesagt, ich) die Strafen, die sich auf die Gesamtsumme von 100 Zloty, das heißt 25 Euro, belief. Es hätte schlimmer sein können. Wenigstens mussten sie nicht den Schock erleben, dass ihr Auto von einer Parkkralle blockiert wurde, wie es mir passierte, als ich mein Auto in Tschechien in einer anderen Touristenfalle parkte. So etwas kann man in Krakau auch erleben, wenn man das Auto in der Altstadt parkt...

Samstag, 15. August 2015

Neuer Polnischer Kapitalismus

"Neuer Polnischer Kapitalismus" von Jane Hardy
1989 wechselte Polen vom Kommunismus zum Kapitalismus. Es ist im Allgemeinen bekannt, dass Polen eine Schocktherapie umsetzte, die Staatsunternehmen zerlegte, sie an Privatunternehmer verkaufte und das Land fremdem Kapital öffnete, ohne auf irgendeine Weise lokale Firmen zu schützen. Anders als zum Beispiel in Russland und Jugoslawien, war die Schocktherapie in Polen einigermaßen erfolgreich und das Land wurde zu einem kapitalistischen Mekka, dessen BNE ununterbrochen wächst. So wurde uns wenigstens gesagt.

Die Wirklichkeit ist aber komplizierter. Die Privatisierung von Staatsunternehmen war nicht ausführlich. Vierzehn der fünfzehn größten Gesellschaften in Polen gehören dem Staat. Sie sind in Branchen wie Öl (Orlen, PGNiG, Lotos), Bergbau (KGHM Polska Miedź), Versicherung (PZU), Finanz (PKO SA), Energie (PGE) und Logistik (PKP) tätig. Die Mehrheitsmeinung in Polen ist, dass Firmen aus strategischen Branchen in Staatsbesitz bleiben sollten, ansonsten könnten sie in den Besitz von ausländischem Kapital geraten oder von Oligarchen erworben werden, die keinen Mehrwert erzeugen würden, wie es häufig der Fall in Russland ist. Ob diese Firmen vom Staat gut verwaltet werden - da scheiden sich die Geister.

Die Privatisierung in Polen traf hautpsächlich die Fertigungsbranche, wie zum Beispiel die Auto- und Elektrogeräteindustrie. Die meisten Staatsunternehmen wurden an ausländische Investoren verkauft, die sie in mehrere Teile zerlegten. Dabei behielten sie die guten Teilen und lösten die schlechten auf.  Manchmal war das einzige Ziel eines Einkaufs die Erwerbung von Immobilien und Personal, damit die Firma Fuß in dem Land fassen konnte. Das Ergebnis dieses Prozesses war die Schaffung eines ziemlichen effizienten Fertigungssektors in Polen, der aber fast vollständig im Besitz von fremdem Kapital ist. Die polnischen Arbeiter zeigten sich produktiver als diejenigen anderer Länder in Osteuropa, teilweise weil Polen schon während der kommunistischen Ära Waren für den Export nach den westlichen Märkten herstellte.

Die Transformation verursachte aber hohe soziale Kosten. Der Staat gewährleistet nicht mehr, was früher selbstverständlich war ( Wohnung, Arbeit, Gesundheitsversorgung, Ausbildung, Kinderkrippen...). Die Arbeitslosigkeit ist nicht so hoch, nur weil viele Jugendliche von den offenen Grenzen Gebrauch gemacht haben und ausgewandert sind. Diejenigen, die in Polen geblieben sind,
müssen von Gehältern überleben, die sich im Bereich von 300 Euro bewegen, daher suchen sie oft einen zweiten Job. Es muss erwähnt werden, dass importierte Waren in Polen ebenso viel wie in der Eurozone kosten. Die Gewerkschaften sind stark in Staatsunternehmen, sind aber ziemlich ineffektiv in privaten Firmen, in denen eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft sogar zur Entlassung führen kann.

Das Gefühl ist aber verbreitet, dass es im Land unausweichlich aufwärts geht. Weil es den Polen nicht erlaubt wird, die Mängel an Waren und die Schlangen der Kommunistischen Ära zu vergessen, muss auf sie das Einkaufen in einem der vielen Einkaufszentren fast befreiend vorkommen, selbst wenn sie wenig Geld haben. Dank den Finanzierungen der Europäischen Union konnte eine bessere Infrastruktur gebaut werden, wie zum Beispiel Straßen, Flughäfen, Eisenbahnlinien, Aquädukte, Krankenhäuser und Universitätsgebäuder. Es gibt lokale Unternehmen, die einen ungleichen Kampf gegen multinationale Firme führen, die sogar Steuererleichterungen in Polen genießen. Weil die Polen sich aber immer noch am meisten vor den Russen und vor einer möglichen Rückkehr des Kommunismus fürchten, unterstützen sie nach wie vor den Weg zum Neoliberalismus.