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Sonntag, 31. Mai 2015

Die Freiheit ist nutzlos


Zur Zeit des Kommunismus hattest du Geld, aber es gab nichts, das man kaufen könnte.
Zur Zeit der Demokratie sind die Regale voller Waren, du hast aber das Geld nicht, um sie zu kaufen.


Ein Thema, mit dem man sich unvermeidlich auseinandersetzen muss, wenn man in Polen oder in einem anderen osteuropäischen Land lebt, ist die kommunistische Ära. Viele der Meinungen und Verhalten können nicht verstanden werden, wenn man dieses historische Erbe nicht in Betracht zieht. Polen, im Unterschied zu den Russen, sind nicht besonders behilflich, wenn es darum geht, diese Ära zu verstehen. Wahrscheinlich wollen sie damit beweisen, dass sie den Kommunismus überwunden haben, und im Allgemeinen reden sie nicht gerne darüber. Es handelte sich übrigens um ein Regime, das von außen aufgezwungen wurde.

Angeblich sagte einmal Lenin, dass "die Freheit ist nutzlos, wenn man verhungert". Mich beeindruckte dieser Satz, und ich glaube, dass er die Grundidee vom Kommunismus sehr gut darstellt. Nahrung, Wohnung, Arbeit und medizinische Versorgung werden zugesichert, aber viele Freiheiten werden entnommen und es ist nicht erlaubt, sich von der Masse abzuheben oder etwas Neues zu versuchen. Es ist eine Ideologie, die immer noch für Arme und Besitzlose anziehend wirkt. Übrigens sind die kommunistische Regierungen in Osteuropa letztendlich gescheitert, nicht weil es keine Freiheit gab, sondern weil sie nicht mehr in der Lage waren, ihr Grundversprechen zu halten. In China entwickelte sich die Lage anders.

Es ist aber fraglich, ob die Volksrepublik Polen und die anderen osteuropäischen Staaten wirklich "kommunistisch" waren. Laut Marx ist der Kommunismus die letzte Stufe des Revolutionprozesses. In dieser Phase gibt es eine klassenlose Gesellschaft. Jeder nimmt nach seinem Bedarf und gibt nach seinen Möglichkeiten. Gesellschaftsklassen aber existierten immer noch in den kommunistischen Ländern, abhängig von der Stelle, die man in der Machthierarchie einnahm, und von dem Zugang zu den chronisch "defizitären" Konsumgütern. Sogar diejenigen an der Spitze gaben zu, dass die Revolution noch nicht vollständig war und sich immer noch im Stadium der Diktatur des Proletariats befand, weil der Kampf gegen die dekadenten kapitalistischen Länder weitergeführt werden musste. Der politsche Verfolgte Trotzky dagegen behauptete, dass es sich um eine "Verratene Revolution" handelte, die zu einer "Diktatur der Bürokraten" ausgeartet war, und sah voraus, dass sie letztendlich scheitern würde.

In der Volksrepublik Polen gab es die Todestrafe, die gegen Hunderten von Leuten vollzogen wurde. Das Auswandern war nicht erlaubt und sogar als Schwerverbrechen gesehen, und nur wenige Priviligierte durften ins Ausland reisen. Viele Bücher waren verboten. Der cronische Mangel an Verbrauchsgütern wurde sowohl durch Inkompetenz, Korruption und Ineffizienz, als auch durch schlechte Logistik, Infrastruktur und technologischen Rückstand verursacht. Ich habe immer noch nicht verstanden, wie so ein strenges Regime es nicht schaffte, die Leuten zur Arbeit zu zwingen, und zuließ, dass die Arbeiter "immer Recht auf zwei Tausend zloty pro Monat hatten, unabhängig davon, ob sie schliefen oder arbeiteten". Hinzu kommt, dass in den Staatsfabriken die Arbeiter sehr viel gestohlen wurde.

Die Volksrepublik Polen war aber deutlich anders als die Sowietjunion. In Polen wurde die Landwirtschaft kaum kollektiviert. Die katholische Kirche genoß einige Priviligien, und einige Oppositionsbewegungen wie Solidarność wurden toleriert, bis es dann aber doch zu ihrer Niederschlagung während des Ausnahmezustands zwischen 1981 und 1983 kam.

Am Ende gab es keine Revolution, sonder einen runden Tisch. Vertreter der Regierung und der Opposition setzten sich zusammen und einigten sich, wie sich der Regimewandel abspielen sollte. Da es keinen Bruch gab, konnten viele Kommunisten in dem neuen System überleben und sogar erfolgreich sein. Sogar der letzte Diktator Jaruzelski konnte sich aus der Verantwortung für den Ausnahmezustand herausreden, wurde zum Präsidenten gewählt und starb in seinem eigenen Bett, statt erschossen oder ins Gefängnis gebracht zu werden. Die Nachfolger der Kommunistischen Partei schafften es, mehrmals wieder an die Macht zu kommen, bis sie in einige Skandale verwickelt waren und die Partei zusammenbrach..

Tatsächlich scheinen die Polen gegenüber der kommunistischen Ära nicht wirklich von Grund auf negativ eingestellt zu sein. Die Filme, die in jener Periode gedreht wurden, sind immer noch die beliebtesten, obwohl sie versteckte Propaganda enthalten. Es werden regelmäßig Bücher veröffentlicht, die den Eindruck geben, dass das Leben unter dem Kommunismus nicht so schlecht war. Die Meinung, dass der Kommunismus doch viele gute Seiten hatte, ist verbreitet und akzeptabel - das Gleiche in Italien und Deutschland über den Faschismus zu behaupten wäre viel problematischer. Ich stelle mir die Frage, was wohl passieren wird, wenn es dem neuen polnischen Kapitalismus nicht gelingen sollte, sein Versprechen zu halten: über Jahrzehnte ungebrochenes Wachstum und ein Lebensniveau vergleichbar dem in Westeuropa .



Samstag, 23. Mai 2015

Bring einen Esel nach Paris...

Er hatte mir eine romantische Reise versprochen...

Man sagt, dass Reisen den Geist öffnet. Wenn man aber einen Esel nach Paris bringt, wird er ein Esel bleiben.
Ich bin viel in Polen herumgefahren, in der Hoffnung, dass ich etwas über dieses Land lernen würde. Ich habe aber das Gefühl, dass ich nicht besonders viel gelernt habe. Ich kann mich nicht einmal an alle Orte erinnern, wo ich gewesen bin. Ich bin schon mehrmals durch eine Stadt gefahren, ohne zu bemerken, dass ich dort einen Monat zuvor schon gewesen war.

Daher werde ich die Ausflüge zusammenfassen, die ich innerhalb von Polen gemacht habe, seitdem ich in diesem Land arbeite.

Im März 2014 habe ich diesen Ausflug gemacht: Ich bin durch die Städte Tarnów, Rzeszów, Przemyśl, Biłgoraj, Zwierzyniec, Szczebrzeszyn (ja, genau die Stadt, die im Zungenbrecher erwähnt wird), Zamośc, Lublin and Sandomierz gefahren

Ich habe genauere Daten über die Ausflüge, die ich im letzten Jahr gemacht habe, weil mein Android-Gerät alle Orte gespeichert hat, wo ich gewesen war. Ich mache mir wegen meiner Privatsphäre keine Sorgen, deswegen werde ich mit euch die Protokolle teilen.

Das sind die Städte, wo ich im Juni 2014 gewesen bin: Kraków, Olkusz, Sosnowice, Częstochowa, Piotrków Tribunalski, Tomaszów Mazowiecki, Rawa Mazowiecka, Skierniewice, Łowicz, Łódź (ich bin durch diese Stadt nur durchgefahren, weil ich 2013 dort schon ein Wochenende verbracht hatte), Łęczyca, Poddębice,  Zduńska Wola, Sieradz, Wieluń, Olesno, Lubliniec, Tarnowskie Góry und dann fuhr ich durch den schlesischen Ballungsraum, den ich schon mehrmals besucht habe.

Hier sind die Städte, die ich während meiner Sommerferien im Juli 2014 durchfahren habe: in den ersten Tagen war ich in Głogówek bei einem Freund und wir sind in der Umgebung herumgefahren (in Opole und Krapkowice unter Anderem). In den folgenden Tagen fuhr ich nach: Prudnik, Nysa, Ząbkowiece Śląskie, Paczków, Otmuchów, Klodzko, Głuszyca, Walim (wo ich eine unangenehme Begegnung mit einem Hund hatte), Wałbrzych, Kamienna Góra, Jawor, Legnica, Lubin, Polkowice, Głogów, Zielona Góra, Sieraków, Czarnków, Chodzież, Człuchów, Chojnice, Bytów, Kościerzyna, Szymbark (die Stadt, in der sich das umgedrehte Haus befindet), Kartuzy, Gdansk (die ich nur durchfuhr, weil ich es schon vorhatte, diese Stadt an einem der folgenden Wochenenden zu besuchen. Ich besichtigte aber einen Strand, der nicht sehr weit weg war), Malbork, Elbląg, Ostróda, Działdowo, Mława, Płock, Włocławek, Koło, Konin, Kalisz, Ostrów Wielkopolski, Wieluń, Olesno (ich fuhr durch diese Städte, ohne zu bemerken, dass ich sie einen Monat zuvor schon durchfahren hatte), Strelce Opolskie and dann nach Hause. Ich lernte, dass es viele Seen in Zentralpolen gibt. Außerdem besichtigte ich preussische Festungen, Schlösser des Deuschen Ordens und einige von Nazis erbaute Bunker. Ich sah auch das polnische Meer.

Im August 2014, flog ich nach Poznań, Szczecin und Gdansk , was auch von meinem Mobilgerät mitverfolgt wurde. Ich lernte, dass Trójmiasto einen Ballungsraum mit Gdansk, Gdynia und Sopot bildet.

Im September 2014 fuhr ich mit dem Zug nach Torun, und ich habe schon erzählt, dass ich bei der Rückfaht meinen Zug verpasste.

Im April 2015 fuhr ich durch die folgenden Städte: Oświęcim, Kęty, Żywiec, Istebna, Wisła, Ustron, Cieszyn/Český Těšín, Jastrzębie-Zdrój, Wodzisław Śląski, Racibórz, Krapkowice, Grodków, Brzeg, Oława, Kiełczów, Oleśnica, Trzebnica, Brzeg Dolny, Ścinawa, Lubin, Legnica (Ich hatte diese zwei Städte im vorigen Jahr besichtigt) und dann nach Hause.

Wahrscheinlich werde ich meinen nächsten Urlaub aber außerhalb von Polen verbringen, um eine andere Fremdsprache zu üben. Darüber werde ich aber in einem der folgenden Beiträge schreiben.




Freitag, 15. Mai 2015

Putzen, Wäsche waschen, nähen

Gib deine Wäsche hier ab, und hole sie ab, sauber und fein duftend

Wisst ihr, was ich hasse ? Putzen. Zum Glück wohne ich in einer kleinen Wohnung für Junggesellen, und zum Glück existieren Putzfrauen.

In Polen ist es nicht schwierig, eine Putzfrau zu finden. Es ist aber schwierig jemanden zu finden, auf den man sich verlassen kann. Normalerweise bleibt man nicht zu Hause, wenn die Putzfrau kommt, daher gibt man ihr den Hausschlüssel und hofft, dass sie nichts stehlen oder kaputtmachen wird.

Bislang musste ich nicht selber eine Putzfrau suchen, denn zu mir kommt immer noch diejenige, die von meiner Firma empfohlen wurde. Ihr Stundensatz ist ein bisschen höher als der Marktpreis. Früher ließ ich sie nur die Wohnung putzen, dann habe ich sie aber gebeten, die Wäsche zu waschen und zu bügeln. Leider verstehen wir uns manchmal nicht und sie wäscht nicht, was ich gerade brauche, oder wäscht etwas, das ich schon selber gewaschen habe.

Es ist auch möglich, zum Waschsalon zu gehen, um dort seine Wäsche waschen und bügeln zu lassen. Waschsalons sind nicht besonders billig und der nächste ist ziemlich weit von meiner Wohnung entfernt. Aber wenigstens sind sie effizient - nach einem Tag ist die Wäsche schon abholungsbereit.

Diese Woche habe ich zum ersten Mal den “pralniomat” probiert, der sich von meiner Firma befindet. Es handelt sich um einen Automaten mit Schließfächern, in dem man seine Wäsche abgeben kann, nachdem man seine Telefonnummer und Emailadresse in das angeschlossene Steuerungsgerät eingegeben hat. Schon am darauffolgenden Tag kann man die gewaschene und gebügelte Wäsche abholen, indem man den zugewiesenen Code eingibt und mit Kreditkarte zahlt.

In Polen ist es auch leicht jemanden zu finden, der Näharbeiten zu guten Preisen macht. Auch Kleinigkeiten, wie zum Beispiel einen Knopf an einem Hemd annähen. Ich weiß, ich könnte es selber tun, aber … jeder sollte machen, was er am Besten kann!

Sonntag, 10. Mai 2015

Deutsche, Italiener und Polen im Geschäftsleben

Das könnte eine Lösung sein...

Ich bin im Bezirk der Kunstmöbel von Cerea aufwachsen, in dem Möbel hergestellt werden, die so gebaut werden, dass sie einige Jahrhunderte alt aussehen und in der ganzen Welt verkauft werden. Lokale Handwerker lehnten sich traditionell an deutsche Firmen an, um ihre Produkte weltweit zu vermarkten und zu verkaufen. Es gab eine symbiotische Beziehung zwischen Deutschen und Italienern und schon damals habe ich festsgestellt, dass diese zwei Völker dazu neigen, ziemlich gut miteinander zu arbeiten.

Italiener und Deutsche sind ziemlich unterschiedlich, aber Geschäftsbeziehungen zwischen diesen zwei Völkern haben eine lange Tradition. Sie kennen einander, sie schätzen einander, beide wissen, was man von dem Anderen erwarten kann. Selbstverständlich gibt es Schwierigkeiten und Missverständisse, die aber überwunden werden können, wenn es notwendig und sinnvoll ist, miteinander zu arbeiten.

Um bei dem Beispiel der Möbel zu bleiben, Italien ist immer noch das Land in Europa, das die meisten Möbel ins Ausland exportiert. In letzter Zeit  kaufen die Deutschen aber lieber Möbel von den Polen. In der Tat habe ich in diesem Land jede Menge kleine Möbelfabriken gesehen. Soweit ich weiß arbeiten polnische Hersteller arbeiten eng mit deutschen Firmen zusammen, um ihre Waren zu vermarkten und zu verbreiten.

Deutsche und Polen arbeiten auch ziemlich gut zusammen. Sie kennen einander, sie wissen, was man von dem Anderen erwarten kann. Vor allem betrügen sie sich nicht - sie tun nicht so, als würden sie einander mögen. Es sind Beziehungen, die nur auf gegenseitigem Respekt und Interessen basieren.

Wie sieht es aus, wenn Italiener und Polen zusammenarbeiten? Läuft es gut ? Laut meiner Erfahrung gibt es viele Fallen. Italiener und Polen kennen sich gegenseitig nicht weshalb sie nicht wissen, was man von dem Anderen erwarten kann. Daher bildet man sich einfach ein, dass man ähnlich ist - nichts könnter falscher sein. Es gibt viele Unterschiede, die eine Geschäftsbeziehung ruinieren können. Zum Beispiel haben Polen einen sehr direkten Kommunikationsstil, im Gegensatz zu Italienern, die sich gerne um Kopf und Kragen reden. Der Polnische Humor ist sehr schwarz, Italiener dagegen erzählen lieber Witze mit sexuellen Anspielungen, von denen Polinnen sich beleidigt fühlen könnten. Übrigens sitzen in Polen, öfter als in Italien, Frauen an Machtpositionen. Daher ist es manchmal besser mit Deutschen zu arbieten. Deutschen bilden sich nicht ein, dass sie einen tollen Sinn für Humor haben, erzählen kaum Witze wenn sie Geschäfte machen, tun aber so als ob sie die gemachten Witze lustig finden würden.

Die IT-Branche weist zusätzliche Besonderheiten auf. In Polen, wie in den meisten osteuropäischen Ländern, sind die wenigen IT-Lieferanten eine Welt mit weniger Konkurrenz gewohnt, weil diese Märkte sehr lange von den größeren Beratungsfirmen ignoriert wurden. Deswegen sind die in diesen Ländern entstandenen IT-Firmen gewohnt, sich in einer starken Stellung gegenüber ihren Kunden zu befinden, weil IT-Lieferanten nicht so leicht ausgetauscht werden können wie in westlichen Ländern.

Außerdem haben viele deutsche Firmen ihre Prozesse so gestaltet, dass man sie leicht auslagern kann. Die großen Beratungsfirmen sind anwesend, aber sie überschreiten ihre Kompetenzen nicht und beschränken sich auf ihre Kernkompetenz: die Beratung. Dagegen sind Geschäftsprozesse in Italien häufig nicht so gut strukturiert und daher können die großen Beratungsfirmen eine große Macht an sich reißen, die weit über die Beratung hinausgeht. Sie kennen die Geschäftsprozesse besser als ihre Kunden und machen sich auf eine fast pathologische Weise unentbehrlich.

Für einen osteuropäischen IT-Lieferanten ist es viel leichter, Geschäfte in Deutschland als in Italien zu führen. Offshore-Firmen brauchen klar und gut definierte Prozesse, weil sie nicht tun können, was eine lokal ansässige Beratungsfirma machen würde: viel Zeit in langen und langweiligen Meeting zu verbringen, was häufig die einzige Methode ist, um herauszufinden, was der Kunde wirklich möchte.