Pages

Samstag, 29. November 2014

Włosi (Italiener)



Ich habe gerade das Buch “Włosi” (Italiener) zu Ende gelesen.
Das Buch ist von einem Polen geschrieben worden, der zehn Jahre lang in Italien gelebt hat und subjektiv über das Belpaese berichtet..

Als ich den Buchumschlag gesehen hatte, hatte ich viel Schlimmeres erwartet. Der Autor erzäht aber keine Sachen, die völlig falsch sind und zitiert sogar seine Quellen - Bücher und Artikel. Man kann aber nicht bezweifeln, dass es sich um ein subjektives Buch handelt und der Autor selber sagt es.  Bestimmte Themen werden in der Tat erwähnt, andere dagegen vermieden.

Wie in den meisten von Ausländern geschriebenen Büchern über Italien, macht man eine große Sache aus den regionalen Unterschieden und den vielen Dialekten. Das ist auf jeden Fall sehr unterschiedlich zu Polen, wo es kaum regionale Unterschiede gibt, abgesehen von den großen Ausnahmen Schlesien und Kashubien. Dagegen überraschte es mich, dass er auf das Thema des unterentwickelten Südens eingeht. Es wird sogar über die brutale Unterdrückung und die Ausbeutung der Regierung im Süditalien nach der italienischen Vereinigung gesprochen, die in Italien immer noch teilweise Tabuthemen sind. Er schreibt dagegen sehr wenig über die Mafia, wahrscheinlich weil organisierte Kriminalität kein besonders interessantes Thema für die Leser ist - davon gibt es genug auch in Polen. Wenn das Buch von einem Deutschen oder von einem Ami geschrieben worden wäre, würde es mindestens ein ganzes Kapitel über dieses Thema geben.

Es war zu erwarten, dass er nichts über die große Autonomie schreibt, die die deutsche Minderheit in Südtirol genießt - die deutschsprächige Minderheit in Polen hat lange nicht die gleichen Rechte. Grundsätzlich werden Themen vermieden, die in Polen kontrovers sein könnten, wie zum Beispiel soziale Ungerechtigkeiten, Klassenkämpfe, Terrorismus, Gewerkschaften und die Tatsache, dass viele Fabriken in Italien dichtgemacht werden, um in Polen wieder geöffnet zu werden, weil dort die Lohnkosten niedriger sind. Wenn es um Politik geht, schreibt er nur, dass in Italien man immer noch auf denjenigen wartet, der das Land retten wird, und dass die Politik die Leute nicht so sehr gegeneinander ausspielt, wie in Polen. Damit bin ich nicht unbedingt einverstanden.

Ein ganzes Kapitel ist der Modegeschichte in Italien gewidmet, über die industrielle Entwicklung des Landes wird aber kaum berichtet.Es interessiert den Autor nicht,dass Italien die zweitgrößte industrielle Kapazität in Europa hat, nach Deutschland. Anscheinend spricht er nicht gern über Wirtschaft oder Industrie, aber er schreibt, dass in Italien die “internationalen Geschäftsregeln” gelten. Das ist allerdings eine sehr gefährliche Behauptung in Polen, wo viele Leute davon überzeugt sind, dass ein bisschen English und das Kenntnis sogenannter “internationaler Geschäftsregeln” ausreicht, um international erfolgreich zu sein. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, die nationalen Besonderheiten zu kennen, um geschäftlich erfolgreich in einem bestimmten Land sein zu können.

Wahrscheinlich am lächerlichsten in dem Buch ist die Behauptung, dass die Italiener keine Bücher lesen. Angeblich lesen nur diejenigen, deren Handy- oder Notebook-Akkus gerade leer sind. Er zitiert einige Statistiken, schade aber, dass man anhand Statistiken leicht beweisen kann, dass die Polen noch weniger lesen. Darüber hinaus macht er sich lustig über erwachsene Italiener, die Comics lesen,was seiner Meinung nach nur für Kinder ist. Comics werden in Polen tatsächlich nicht als eine Literaturform gesehen, absehen von der großen Ausnahme von Thorgal.

Das Kapitel über Essgewohnheiten in Italien ist jedoch interessant.  Es stimmt, dass Italiener nur frisches Obst essen, das gerade in Saison ist. In Polen dagegen (wie übrigens auch in Deutschland) wird man zum Beispiel das ganze Jahr über Orangen finden, obwohl ich sie nicht unbedingt Orangen nennen würde. Als ich in Deutschland wohnte, nahm ich tatsächlich immer mit dem Auto frisches Obst nach Deutschland mit. Er erwähnt auch andere seltsame Gewohnheiten, wie das Cappuccinoverbot nach Mittag und das Käse-Mahl-Verbot zu dem Spaghetti allo Scoglio (mit Krustentieren). Er bringt den Polen bei, dass auf eine Pizza kein Ketchup gehört - das ist eine schlechte Gewohnheit, dass die Polen von den Amis übernommen haben. Die Polen imitieren sehr gerne die Amis.

Es mag sich für einen Polen lohnen, dieses Buch zu lesen, nur um die häufigsten Fallstricke der italienischen Sprache zu lernen. “Figa” ist auf Italienisch ein sehr schlimmes Wort, und kein Name, den man einem kleinen Tier geben kann. Man sollte die doppelten Konsonanten richtig aussprechen, weil “penne”  von “pene” und “anni” von “ani” unbedingt unterscheiden sollte. Genauso, wie man  übrigens man in Polen sehr schnell lernen sollte, dass man das Wort “Kurwa” vermeiden sollte und mit Kurven nichts damit zu tun hat. Ansonsten kann einem das gleiche wie einem Bekannten von mir passieren, der beinahe einen Verkehrsunfall verursachte, als er seinem polnischen Fahrer “Attento alla curva” sagte.

Freitag, 21. November 2014

Tibia




Manchmal hat man Lust, jemanden umzubringen. Normalerweise ist das nicht möglich, aber wenigstens kann man immer noch jemanden oder etwas innerhalb eines Videospiels umbringen.

Tibia ist eines der Spiele, das mir am besten gefällt. Es gehört zu dem Genre MMORPG; das heißt Massive Multiplayer Online Role Playing Game. Das Spiel gibt es seit 1997 und im Vergleich mit aktuellen Spielen sieht es ziemlich retro aus, weil es zweidimensional ist. Es wurde von der in Regensburg ansässigen Firma Cipsoft entwickelt,


Tibia hätte ein viel erfolgreicheres Spiel sein können. Leider wurde es vor langer Zeit sogar innerhalb seiner Nische von anderen Spielen überholt, z.B. Runescape. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Cipsoft hat es nicht geschafft, die Botter loszuwerden. Das sind die Spieler, die Programme automatisch für sich spielen lassen. Außerdem gibt es keinen besonderen guten Mechanismus, um schwächere Spieler vor den stärkeren zu schützen. Am schlimmsten ist es aber, dass keine echte Community rund um das Spiel entstanden ist.

Cipsoft hat immer die Politik verfolgt, dass alles im dem Spiel auf English sein muss , und hat die Spieler immer aufgefordert, nur auf Englisch zu sprechen, damit “jeder euch verstehen kann”. Das ist ein ganz unterschiedlicher Ansatz zu demjenigen von Traviangames, einem sehr erfolgreicheren Hersteller von Browserspielen. Traviangames hat für sein erfolgreichstes Spiel “Travian” Hunderte von virtuellen Welten erschaffen, aber in jeder muss eine bestimmte nationale Sprache verwendet werden. Daher existieren Welten, wo Polnisch, Tschechisch, Italienisch, Französisch, Deutsch, Russisch, Arabisch usw. gesprochen wird.

Auch in Tibia gibt es verschiedene Welten, eine sprachliche Segregation gibt es aber nicht. In der Praxis bildeten Spieler aus unterschiedlichen Ländern in jeder Welt Untergruppen. Heutzutage werden die Welten von Tibia von Spielern aus bestimmten Ländern  dominiert, die nur in ihrer Sprache sprechen und das Leben den Spielern aus anderen Ländern schwer machen.

Die europäischen Tibia-Welten werden von polnischen Spielern dominiert, die amerikanischen von den Brasilianern. Wenn man in Europa spielt, wird man herausfinden, dass fast alle Nachrichten in den Spielforen auf Polnisch sind. Cipsoft hat es seit langem aufgegeben, gegen diesen Zustand zu kämpfen, was allerdings dazu führt, dass die europäischen Welten ziemlich unangenehm für nicht-polnische Spieler sein können. Einige behaupten, dass Tibia von den Brasilianern und den Polen ruiniert worden sei.

In Deutschland ist das Spiel Tibia praktisch unbekannt, dagegen kennt es in Polen fast jeder, sogar  diejenigen die nicht spielen. Es sieht so aus, als würde es jeder Jugendliche spielen oder als hätte es jeder irgendwann gespielt. Die Medien haben oft über Tibia geredet, weil viele in Polen danach süchtig sind, und weil vor einigen Jahren ein Sechzenjähriger seine Mutter umgebracht hat, nachdem sie seinen Rechner ausgeschaltet hatte, während er Tibia spielte.

Ich kam wieder zu Tibia, weil es mich interessierte, wie sich das Spiel inzwischen geändert hatte, und außerdem wollte mich ein bisschen entspannen. Das Spiel wird immer noch von den Polen dominiert, es ist alles aber nicht so schlecht, wie es früher war. Teilweise weil ich mittlerweile Polnisch kann, teilweise weil diejenigen, die noch spielen, älter geworden sind.

Die Welt von Tibia ist enorm, das Spiel ist sehr komplex und ein ganzes Leben würde nicht ausreichen, um alles zu erkunden. Ich kenne das Spiel aber gut genug, um einigermaßen weiterzukommen. Mein Hauptcharakter ist ein Level 38 Druide (es gibt vier Klassen : Krieger, Paladine, Magier und Druide). Es ist nicht besonders viel, wenn man bedenkt, dass es Level 800 Spieler gibt. Wenn man aber berücksichtigt, dass ich nicht so oft spiele, und dass ich in dem Spiel keine Freunde habe, die mir helfen könnten, ist das ein Ergebnis, mit dem ich zufrieden bin. Und dazu darf ich von Zeit zu Zeit ein paar Monster umbringen.

Samstag, 15. November 2014

Vorsicht vor Kurven !



Letztes Jahr, als ich noch in Deutschland lebte und den Umzug nach Polen plante, gab mir ein polnischer Kollege den folgenden Ratschlag: Auf keinen Fall solltest du das Wort “kurwa” lernen. Es ist ein Wort, dessen sich viele Polen bedienen, das aber einen schlechten Eindruck macht, vor allem wenn es von einem Ausländer benutzt wird.

Während meiner ersten Monate in Polen sprach ich tatsächlich dieses Wort nie aus, selbst wenn ich es sehr häufig an der Arbeit hörte. Dann kam aber etwas dazwischen.

Erstens begann ich, mir polnische Filme anzuschauen. In Polen fing man erst in den Neunziger Jahren an, Schimpfwörter in  Filmen und im Fernsehen zu verwenden. Der Film „Psy“ (1993) ist der allererste gewesen. Leider interessieren mich nur moderne Filme, diejenigen aus der kommunistischen Ära langweilen mich.

Bei der Arbeit bekam ich den Eindruck, dass die Kollegen aufmerksamer zuhören, wenn man das Gespräch mit dem Wort „Kurwa“ an verschiedenen Stellen bereichert. Auf diese Weise gewinnt man auch Zeit, wenn man nicht sicher ist, was man zunächst sagen möchte.

Mir wurde dieses Video gezeigt, in dem erklärt wird, wie wichtig dieses Wort in der polnischen Sprache ist. Außerdem habe ich das Buch „Homo corporaticus, czyli przewodnik przetrwania w korporacji” (Wie man in einem  Großunternehmen  überlebt) gelesen. Aus dem Buch habe ich gelernt, dass man auf der Arbeit unbedingt schimpfen sollte, um den Ruf eines harten Kerls zu bekommen. Übrigens würde mir auch mehrmals gesagt, dass man nicht wirklich Polnisch sprechen kann, wenn man kaum Gebrauch von dem Wort „Kurwa“ macht.

Aus all diesen Gründen begann ich unterbewusst dieses Wort zu verwenden, und tatsächlich hatte ich das Gefühl, dass mich die Kollegen deswegen mich mehr respektierten und aufmerksamer zuhörten. Es ist übrigens eines der wenigen polnischen Wörter, die man leicht aussprechen kann.

Man muss dabei allerdings auch berücksichtigen,  dass dieses Wort die Frauen irritiert, wahrscheinlich wegen seiner Bedeutung („Prostituierte“), was in Polen sehr negative Assoziationen hervorruft. Außerdem, in so einem traditionalistischen Land wie Polen,  schimpfen Frauen nicht und wollen Schimpfwörter auch nicht hören. Manchmal rufen sie zu einem Kreuzzug gegen Schimpfwörter auf und führen Vorschriften ein, die das Schimpfen erschweren sollten: zu jedem Schimpfwort sollte man eine Münze in die Spardose geben.

Hinzu kommt, dass die Varianten von „Kurwa“ (“Kurczę”, “Kurka”, “Kurna” oder “Kurdy”) nicht als Schimpfwörter gelten. Eine Person, die alles Mögliche  gegen den Gebrauch des Wortes „Kurwa“ unternimmt, mag die ganze Zeit sorglos “Kurna” oder “Kurdy” aussprechen.

Ich habe es letztendlich aufgegeben, das Wort  “Kurwa” zu verwenden, weil mein „unangemessener Missbrauch“ des Wortes die Kolleginnen zu sehr „störte“. Selbst wenn meine männlichen Kollegen dieses Wort weiter verwenden. Zum Glück darf ich aber auf Italienisch weiter schimpfen. Das ist nicht selbstverständlich, denn ein paar Wochen lang war es mir verboten, in der Firma auf Italienisch zu schimpfen – so eine Regel gab es tatsächlich auf einem Zettel, der an der Wand hing. Ich brauche es nicht zu erzählen, was aus diesem Zettel letztendlich wurde.